Sinfoniekonzert der Magdeburgischen Philharmonie im Opernhaus Magdeburg mit den Solisten Wolfgang Heisig und Luca Buratto Außergewöhnliche Ehrung des engagierten Musikers Franz Liszt
Magdeburg l "Die Lebenden zuerst!" Franz Liszts künstlerische Lebensmaxime sollte der gedankliche Ansatz für das Sinfoniekonzert der Magdeburgischen Philharmonie sein. In Kooperation mit dem Tonkünstlerverband Sachsen-Anhalt und eingebettet im IMPULS-Festival für Neue Musik gelang eine außergewöhnliche und zeitgemäße Ehrung des engagierten Musikers und Visionärs Franz Liszt. Liszt - der bedeutende Förderer der Tonkünstlerbewegung des 19. Jahrhunderts, der 1871 und 1881 anlässlich der Musikfeste in Magdeburg weilte.
Und so traf im Magdeburger Opernhaus Tradition auf Gegenwart. Mit einem Eindruck von Liszts kühnen harmonischen Innovationen, die von seinen sinfonischen Dichtungen wie dem "Mazeppa" ausgingen, eröffnete die Berliner Dirigentin Catherine Larsen-Maguire das Programm. Sie bestach mit absoluter Sicherheit und musikalisch-stilistischer Genauigkeit. Und so wurde die kompositorische Vordergründigkeit der Lisztschen Tonmalerei um das Schicksal des ukrainischen Freiheitshelden (nach einem Gedicht von Victor Hugo) vom Orchester trotz dahinrasender Streicherfiguren und scharfer Bläser-Einwürfe ins angenehm Poetische versetzt.
Innovative Klangstrukturen
Diese geistigen Momente im Schaffen eines neuen Werkes machte sich auch der Magdeburger Komponist Klaus-Dieter Kopf zu Eigen. Auf Anregung des Tonkünstlerverbandes kam seine Hommage à F. L. "Winde und Wolken" in vier Sätzen zur Uraufführung. Klaus-Dieter Kopf, ehemaliger Solokontrabassist der Magdeburgischen Philharmonie, verarbeitet zahlreiche musikalische Bezüge zu Liszt in seiner eigenen Tonsprache. In einer enormen musikalischen Dichte und Verwobenheit zeigte er, wie inspirierend dieser wahrhaft europäische Komponist bis heute in innovativen Klangstrukturen und freien Gedanken ist.
Einen ebenso neuen Blick auf Liszts Werk warf der in Halle gebürtige Steffen Schleiermacher, dessen für Magdeburg neubearbeitetes Orchesterwerk "Heim.Weh.Nach.Liszt" ein äußerst ungewöhnliches Soloinstrument einführte: die Phonola. Die Phonola ist eine Klavierapparatur, die um 1895 entwickelt wurde und dem Klavier oder Flügel vor bzw. über die Tastatur gesetzt wird. Mit Hilfe von gestanzten Lochstreifen setzt sie pneumatisch die Tasten in Bewegung. Wer hier mehr der Star des Abends war, die Phonola oder dessen "Spieler" Wolfgang Heisig, war kaum auszumachen. So viel ist sicher: Heisig gilt schon seit Jahren als Klang-Tüftler und hat sich solch wilden Stücken mit bis zu 200 Anschlägen pro Sekunde, die eine manuelle Ausführung unmöglich machen, angenommen. Eine Belastungsprobe für jede Klavier- oder Flügeltastatur. Dieser "Schönheit der Geschwindigkeit" war bekanntermaßen auch Franz Liszt erlegen.
Schleiermacher setzte sich fast ironisch mit Liszt auseinander. Er verteilte die Bläser rückgewandt zur alten venezianischen Musizierpraxis im Konzertraum (Blechbläser quer über die Bühne verstreut, die Holzbläser hinter der Bühne und die Flöte im Parkett). Abwechslung und Fantasie nicht nur durch das Instrumentarium, sondern auch durch faszinierende mehrdimensionale Klangkombinationen prägten seine Hommage.
Die Energie der Phonola hat der noch folgende Pianist mit der Interpretation des beliebten 1. Klavierkonzertes Es-Dur von Liszt förmlich für sich aufgenommen. Der erst 19-jährige italienische Shootingstar Luca Buratto begeisterte mit einer bravourösen Fingerfertigkeit, klanglichem Ausdruck und fesselnder Beseeltheit. Mit Leichtigkeit und Virtuosität bringt er Liszts Liebeserklärung an dieses wandlungsfähige Instrument zutage. Die wuchtig grandios wirkenden Quasi-Kadenzen und Oktavgänge, die lyrisch schwärmerischen Adagio-Gedanken im zweiten Satz und die perlenden Trillerketten in Diskant-Höhen mit Soloflöte und -Oboe sowie Cellokantilene waren emotional stark. Die triumphale Leuchtkraft am Schluss rief Begeisterungsstürme des Publikums hervor, dem Luca Buratto schnell mit zwei herrlichen Zugaben aus Tschaikowskis "Der Nussknacker" dankte. Ein phänomenales Deutschlanddebüt für Luca Buratto.
Die Magdeburgische Philharmonie verdient höchste Anerkennung für das Meistern des so vielfältigen Programms.