Internationales Brahms-Chorfestival Außergewöhnliches Konzerterlebnis
Von Hans Walter
Wernigerode. Zum 7. Internationalen Brahms-Chorfestival Wettbewerb singt und klingt es allenthalben in der "Bunten Stadt". Über 1200 Sängerinnen und Sänger aus 43 Chören aus 17 Ländern von drei Kontinenten ermöglichen fantastisch schöne Musikerlebnisse - vom spontanen Singen auf der Straße bis zum beispielhaften Eröffnungskonzert, vom Einsingen bis zum Wertungskonzert. Am Mittwoch, Donnerstag und Freitag bereits stellten sich 23 Ensembles in Freundschaftskonzerten auf der Marktplatzbühne, auf dem Bahnhof Halberstadt, der Marktkirche in Halle und in sechs Kirchen der Umgebung den begeisterten Zuhörern vor.
Zum Eröffnungskonzert am Donnerstag im Harzer Kultur- und Kongresszentrum wurden sie von den Klängen des Rundfunk-Jugendchores beim Einsingen geleitet. Das weltberühmte Ensemble unter Leitung von Friedrich Krell und Peter Habermann präsentierte einen 45-minütigen Querschnitt durch sein Repertoire: die mustergültige, Maßstäbe setzende Interpretation deutscher und internationaler Volkslieder sowie amerikanischer Spirituals, die hochdramatische Gestaltung des "Feuerreiters" von Hugo Distler, von Gerd Domhardt die "Assoziationes - zu einer Radierung Goyas".
Damit war neben den Volksliedern eine Vorliebe für Werke des 20. Jahrhunderts und das besondere Können von Chor und Dirigenten umrissen - die durchdachte, kluge, förmlich leicht und schwebend wirkende Intonation schwierigster Werke bei gleichzeitiger Konzentration auf die Aussage: bei Distler die Warnung vor dem Weltenbrand des Faschismus in einem romantischen Text, bei Domhardt am Ende des Jahrhunderts die Erkenntnis "Wenn die Vernunft schläft, erwachen Ungeheuer". Große gesellschaftliche Zusammenhänge wurden in knapp fünfminütigen Werken sichtbar - eine Meisterleistung. Krell und Habermann erhielten stehende Ovationen.
Anschließend der Li-Ron-Chor aus Herzliya in Israel. Unter Leitung der ungeheuer rhythmisch empfindenden Dirigentin Ronit Shapira zeigte der Jugendchor aus 17 Damen und einem Herrn, was ihn bewegt: die Zukunft des Landes, das gedeihliche Zusammenwirken der Religionen und Völker. Dazu sang der Chor in wechselnder Aufstellung traditionelle Volksweisen in spannungsvollen, rhythmisch durch Bewegung unterstützten Arrangements. Ovadia Tuvias Komposition "Das Buch Ruth", ein "Polyphoner Spaß" von Petosyan und eine expressive Zugabe, bei der Stimmungen über eine Vocalise und Gesten ausgedrückt wurden, bildeten den Rahmen. Langer Jubel und gleichfalls rhythmischer Beifall der Zuhörer für ein außergewöhnliches Konzerterlebnis.
Dritter im Reigen des Eröffnungskonzerts war der Kammerchor "Hymnia" aus Kopenhagen. Der dänische Chor unter Leitung von Flemming Windekilde - 13 Damen und 12 Herren - war bereits im Jahr 2005 Gewinner des Brahms-Chorpreises. Er zählt zur Chor-Elite seines Landes und brachte Musik von Ravel, Jersild, Schultz, Nielsen, Stenhammer und anderen Komponisten zu Gehör. Nordisch frisch schilderten sie Stimmungen und Landschaften, ziselierten Lautgemälde von schwelgendem, romantischem Klang, ließen Bilder zwischen Tanzstimmung und leiser Traurigkeit vor dem inneren Auge erstehen. Auch hier gab es nach begeistertem langen Applaus eine wehmutsvoll-klangschöne Zugabe. Ein Eröffnungskonzert, das viele nationale Eigenarten und Klangfarben der Teilnehmernationen zum nachhaltigen Erlebnis werden ließ.