1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. 75. Internationale Filmfestspiele: Berlinale - Be my Valentine!

75. Internationale Filmfestspiele Berlinale - Be my Valentine!

Kreischalarm in der Hauptstadt: Festivalchefin Tricia Tuttle zieht schon an den ersten Tagen alle Joker. Bei ihr wird der rote Teppich zur Fanschlacht, und Filmstars von Tilda Swinton bis Marion Cotillard, von Timothée Chalamet bis Robert Pattinson baden im Medienrummel.

Von Astrid Mathis Aktualisiert: 18.02.2025, 02:07
Timothée Chalamet am Valentinstag vor dem Berlinalepalast.
Timothée Chalamet am Valentinstag vor dem Berlinalepalast. Foto: Astrid Mathis

Berlin. - Ganz Berlin hat Schnappatmung. Und die Stars sind begeistert. Ja, sogar die Pressekonferenzen genießen sie. „Wow! Die Fragen in Europa sind so viel besser als anderswo“, gerät Timothée Chalamet ins Schwärmen. Und immer wieder sagt er: „Ich kann es gar nicht fassen, dass Berlin die letzte Station ist, in der wir „A Complete Unknown“ vorstellen.“

Lesen Sie auch: 75. Berlinale: Filmfest mit neuen Perspektiven

Ob er schon mal daran gedacht hat, dass seine Performance die perfekte Vorlage dafür ist, ein Musical aus dem verfilmten Stoff zu machen? Bei „Saturday Night Live“ hatte er jüngst eine Kostprobe gegeben. Und als für den Film das Newport-Festival rekreiert wurde, bekam er ein Gefühl für diese unglaubliche Energie der Community, die sonst Bob Dylan bei seinen Konzerten spürt.

"Timothée - will you be our Valentine?", fragen die Fans auf dem roten Teppich.
"Timothée - will you be our Valentine?", fragen die Fans auf dem roten Teppich.
Foto: Astrid Mathis

„Was für ein Geschenk, in diese Zeit einzutauchen!“, sagt Chalamet und atmet tief durch. Fünf Jahre hat er Dylan studiert, stundenlang Gitarre gespielt und gesungen, um dem wahren Künstler auf der Leinwand nahe zu kommen. Wie gut, dass es in dem Film um die Anfangsjahre geht, in denen Dylan noch nicht so Gitarre spielte wie heute! Das machte es ihm leichter, gibt der Märchenschwarm zu. Was der 29-Jährige von ihm übernommen hat? Wohl am ehesten, mit gesenktem Kopf rauszugehen.

Timothée Chalamet steht zu seinem Dylan-Biopic "A Complete Unknown" am Berlinalepalast Rede und Antwort.
Timothée Chalamet steht zu seinem Dylan-Biopic "A Complete Unknown" am Berlinalepalast Rede und Antwort.
Foto: Astrid Mathis

Ganz anders zeigt sich Timothée Chalamet auf dem roten Teppich. In rosa Outfit (!!!) stürmt er geradezu in Richtung Fans. „Will you be our Valentine?“ steht auf einem der Schilder, das dem Kinoliebling entgegengestreckt wird. Und dann beginnt ein „Timmy“-Gekreische, das Chalamet anscheinend noch nirgendwo so erlebt hat. Ungläubig dreht er sich lachend mit diesem Blick um, als wollte er sagen: „Irre! Was geht denn hier ab?“ Schließlich reißt er sich los zu den Fotografen und streift – zur großen Überraschung des Premierenpublikums – die rosa Jacke ab, posiert kurz im Unterhemd für die Kameras und eilt – halbnackt! – zu den Fans zurück, die sich gar nicht mehr beruhigen wollen.

Doppelrolle für Pattinson

„Twilight“-Star Robert Pattinson kennt das schon lange. In schwarzer Lederjacke und Doc Martens dreht er auf dem Teppich vor dem Berlinalepalast am Potsdamer Platz seine Runde und greift lächelnd nach den Handys der Fans, um ein Selfie zu schießen. Kreischkonzert Nummer 2 beginnt. Pattinsons Science-Fiction-Streifen „Mickey 17“ läuft wie „A Complete Unknown“ in der Reihe Berlinale Special.

"Twilight"-Star Robert Pattinson gibt nach der Pressekonferenz zu seinem neuesten Film "Mickey 17" am Hyatt Autogramme.
"Twilight"-Star Robert Pattinson gibt nach der Pressekonferenz zu seinem neuesten Film "Mickey 17" am Hyatt Autogramme.
Foto: Astrid Mathis

Bei dem oscargekrönten Regisseur Bong Joon-ho („Parasite“) fragt man auch gar nicht erst nach dem Drehbuch, wenn er anruft – man sagt gleich zu. Nie habe er so eine Atmosphäre, so einen respektvollen Umgang am Set erlebt. Genauso sieht es Toni Colette, die im Film gemeinsam mit Mark Ruffalo schmierig grinsend ein grausames Spiel spielt, um ihresgleichen unverwundbar zu machen. Dafür muss Mickey allerdings sehr oft sterben. Egal! Er wird ja hinterher immer frisch ausgedruckt. Als Mickey 17 zu früh für tot gehalten wird, gibt es auf einmal zwei von der Sorte. Ein Heidenspaß nimmt seinen Lauf, das Drama ebenso.

Das Filmteam von "Mickey 17" vor dem Berlinalepalast.
Das Filmteam von "Mickey 17" vor dem Berlinalepalast.
Foto: Astrid Mathis

Was Robert Pattinson wohl zu seinem zweiten Ich sagen würde? „Ich verbringe mein ganzes Leben damit, mit mir selbst zu reden – keine Ahnung!“, haut er lachend auf der Pressekonferenz heraus. Die komische Note, die Gegensätze zwischen dem Softie Mickey 17 und dem härteren Mickey 18 haben ihm gefallen. Ist da in einem Film des südkoreanischen Regisseurs etwa zum ersten Mal eine Liebesgeschichte zu entdecken? Love is in the Air!

Ein Hoch auf den Kameramann des Wettbewerbfilms "Hot Milk". Schauspielerin Vicky Krieps ist begeistert.
Ein Hoch auf den Kameramann des Wettbewerbfilms "Hot Milk". Schauspielerin Vicky Krieps ist begeistert.
Foto: Astrid Mathis

Die deutsche Schauspielerin Vicky Krieps sorgt mit ihrem Auftritt in flirrender Sonne in dem Wettbewerbsbeitrag „Hot Milk“ für wilde Phantasien. Wie aus dem Nichts taucht sie am Strand vor Sofia (Emma Mackey) auf, die mit ihrer Mutter Rose (Fiona Shaw) den letzten Versuch unternimmt, sie von einem Wunderheiler von ihrer Lähmung befreien zu lassen. Bei dem Spielfilmdebüt von Rebecca Lenkiewicz geht es nicht nur heiß her, weil die Romanvorlage in Spanien spielt. Sehen, fühlen, riechen – die Insel, das Leben und überhaupt. Es ist das erste Mal für Fiona Shaw („Harry Potter“), auf einem Festival zu sein. „Ich fühle mich wie ein Kind“, verrät die 66-jährige Irin lächelnd. Emma Mackey, bekannt aus der der Netflix-Serie „Sex Education“, war sogar vorher noch nie in Berlin.

Dem Absturz so nah

Für Regisseur Jan-Ole Gerster ist der Auftritt bei der Berlinale seit seinem Durchbruch mit dem Film „Oh Boy“ (2010) ein Heimspiel. Seinen neuesten Coup – „Islands“ – verlegt er allerdings nach Fuerteventura – keine Romanvorlage, eine Geschichte aus dem Leben gegriffen. Sein Blick vom Balkon auf einen Tenniscourt im Urlaub inspirierte ihn zu einem Drehbuch, das an die ganz Großen des Filmemachens erinnert, eine Mischung aus Agatha Christie und Alfred Hitchcock. Zur Geschichte: Tom ist Tenniscoach in einem Hotel, beliebt und charmant, auf seine Weise abgewrackt, jeden Tag reitet er auf der gleichen Welle in die Wüste. Bis eines Tages eine Familie sein Leben durcheinanderwirbelt. Es fängt so harmlos mit einem Ausflug über die Insel an und endet mit dem Verschwinden des Ehemanns. Langsam, mit ausdrucksstarken Bildern und einem Kammerspiel gleich, fügt sich ein Puzzle zusammen, das bewegt.

Berlinale Special mit "Islands": Schauspieler Sam Riley schwärmt wie Regisseur Jan-Ole Gerster (rechts) von Fuerteventura.
Berlinale Special mit "Islands": Schauspieler Sam Riley schwärmt wie Regisseur Jan-Ole Gerster (rechts) von Fuerteventura.
Foto: Astrid Mathis

Wenn es nach Sam Riley ginge, würde er am liebsten jeden Film auf der Insel drehen. Als Brite in Leeds aufgewachsen, sei er ganz anderes Wetter gewöhnt. Dazu hätte er dem Film sogar drei Monate kostenlosen Tennisunterricht zu verdanken. Im Gegensatz zu seinem Sohn (Riley ist seit 2009 mit der deutschen Schauspielerin Alexandra Maria Lara verheiratet) habe er seitdem keinen Schläger mehr angerührt. „Ich hoffe, Rafael Nadal sieht den Film, auch wenn uns das Management abgewiesen hat“, bemerkt Riley und zieht eine Augenbraue hoch.

So schön wie die Schneekönigin : Die französische Schauspielerin Marion Cotillard macht Werbung für ihren Wettbewerbsbeitrag "Der Eisturm".
So schön wie die Schneekönigin : Die französische Schauspielerin Marion Cotillard macht Werbung für ihren Wettbewerbsbeitrag "Der Eisturm".
Foto: Astrid Mathis

Zu schade, dass der Beitrag nicht im Wettbewerb läuft, denn er hat so viel mehr zu bieten als „Der Eisturm“, den Marion Cotillard vorstellte. Die Französin mimt eine Diva, die in einem düsteren Filmset als Eiskönigin Unheil stiftet, zwar wie gemalt aussieht, aber keine Tiefe hat und dem Absturz nah ist. Um es wie Vicky Krieps auszudrücken: „Wenn du fällst, brauchst du jemanden, der dich auffängt.“ Als nächstes kommt Benedict Cumberbatch mit seinem Film „The Thing with Feathers“ zur Berlinale. Ausrasten vorprogrammiert! Tiefgang inklusive.