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Auftakt für Telemann-Sonntagsmusik Beschwingte Meister und die Liebe zu den Blumen

06.09.2011, 04:32

Von Caroline Vongries

Magdeburg. Beschwingt gaben sich die Sonntagsmusiken zum Saisonauftakt - dabei mit Tiefgang. Zwei Meister der alten Musik zelebrierten den Vormittag: der niederländische Blockflötenmeister Han Tol und sein Landsmann Léon Berben am Cembalo.

"Ihnen muss ich nichts über Telemann erzählen." Es ist mehr als eine galante Artigkeit, mit der Han Tol seine insgesamt knapp gehaltene Moderation über den im Mittelpunkt des Programms und der Sonntagsmusiken überhaupt stehenden Komponisten und Musiker einleitet.

Denn der gute Name, den die im Gesellschaftshaus beheimatete Veranstaltungsreihe des Telemann-Zentrums überregional hat, ist ein Garant dafür, dass weltweit gefragte Musiker sich gern in die Geburtsstadt eines der letzten Meister des Barock bitten lassen.

Die soeben (mit großer emotionaler Ausdruckskraft) gespielte Partita in G-Dur habe ihm eine kleine Geschichte in Erinnerung gebracht, berichtete der im Verhältnis zu der Sopranblockflöte in seinen Händen wie ein Riese wirkende Niederländer von Telemanns Leidenschaft für Pflanzen und Gartenbau.

Diese habe ihn bekanntlich - neben der Musik und dem Sinn für kulinarische Genüsse - mit seinem langjährigen Freund Händel verbunden, "auch ein Botaniker".

Nachdem die von Händel aus London geschickten exotischen Blumen- und Pflanzenzwiebeln in Hamburg im Garten Telemanns aufgegangen und prächtig gediehen waren, sei der gefragt worden, wie er das bei all seinen Aktivitäten auch noch zustande bringe. Antwort des Magdeburgers: "Aber das ist doch kein Problem, man muss nur immerzu mit ihnen sprechen."

Sinn für das dem Klang- und Farbenreichtum von Telemanns Musik zugrundeliegenden fein gesponnene geistige und seelische Gewebe stellte Han Tol im Verlauf des gesamten Konzerts eindrucksvoll unter Beweis.

In der eigentlich für Traversflöte konzipierten Fantasia D-Dur verschmolz er heitere Verlockung mit leisem Sehnen, sanft berührtem Schmerz und melancholischer Nachdenklichkeit.

Die Flöte, dieses von seinen Ursprüngen her archaische und mit Klängen aus anderen (magischen) Welten assoziierte Instrument, das in der Blockflötenform im Mittelalter aus Asien und Afrika nach Europa eingeführt wurde, zeigt Han Tol hier selbstvergessen im Zwiegespräch mit sich selbst.

Ein durchweg gelungener Auftakt

Dabei spielt der Erfolgsmusiker auf eine angenehme Weise brillant, steht ohne Aufhebens davon zu machen, stets im Dienst der immer wieder erstaunlichen musikalischen Vielfalt Telemanns.

In seinem Landsmann Léon Berben findet er dabei einen Begleiter, der selbst in der Musik des 16. bis 18. Jahrhunderts zu Hause ist und der gar nicht anders kann, als dem Basso continuo eigene Akzente hinzuzufügen. Solistisch glänzt der in Köln lebende Cembalist und Organist besonders mit Händels Chaconne in G-Dur, deren frei fließenden Klangstrom er als unerschöpflichen Kraftquell interpretiert.

Ein durchweg gelungener Auftakt für eine Saison, in der noch vor Weihnachten die 500. Sonntagsmusik gefeiert werden soll. Dem Schweren im Leichten Form zu geben - Telemann selbst hätte wohl seine Freude an diesem Sonntagvormittag gehabt.