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Bestseller-Verfilmung "Mängelexemplar" auf DVD 

25.11.2016, 14:54

Hamburg (dpa) - Als der Roman "Mängelexemplar" von Moderatorin Sarah Kuttner 2009 erschien, erinnerte die Atmosphäre an ein Studio der aussterbenden Fernseh-Musiksender: wirres und aufgeregtes Geplapper, bunte Kulissen, schrille Outfits und ein anglophoner Jargon, der so manchen Sprachästheten erschauern ließ.

Der Roman wurde dank seiner rotzfrechen und intelligenten Autorin aber zum Bestseller. 20144 hat Regisseurin und Drehbuchautorin Laura Lackmann den Erfolgsroman verfilmt - weniger aufgeregt, verschlankt, und sie hat sich vor allem dem Thema Depression etwas differenzierter genähert. Jetzt liegt "Mängelexenmplar" auch auf DVD (Warner Home Video) vor.

Karo (Claudia Eisinger) ist anstrengend, egozentrisch, viel zu
emotional. "Ich mag mich selber nicht." Das nervt ihre Chefin in der
Eventagentur, die sie rausschmeißt. Das nervt ihren Freund Philipp
(Christoph Letkowski), der sie verlässt. Geliebt haben sich die
beiden zwar nie so recht, aber immerhin hat Philipp Karo etwas Halt
gegeben.

Davon gibt es in ihrem Leben nicht viel: der Vater (Mini-Auftritt von
Detlev Buck) ist seit in der Kindheit nicht existent, die Mutter
(Katja Riemann) depressiv, die Oma (Barbara Schöne) fürsorglich
verständnisvoll und die beste Freundin Anna (Laura Tonke) mit eigenen Problemen beschäftigt und müde davon, dass sich alles immer nur um Karo dreht. Die ist wahlweise himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt, auf jeden Fall total irre.

Also beschließt Karo ohne Geld und Job, dass ihr nur eine Therapie
weiterhelfen kann. Nicht viel quatschen - "Meine Kindheit ist
ziemlich durchschnittlich" - sondern lieber gleich eine amtliche
Depression bescheinigen lassen und Antidepressiva schlucken. Das
macht die Therapeutin Annette (Maren Kroymann) natürlich nicht mit.
Karo soll sich kennenlernen, in sich hineinhorchen, Dinge
hinterfragen und akzeptieren. "Ich hab Urlaub von mir", sagt sie
irgendwann einmal, als sie merkt, wie schlecht sie sich selber tut.

Es gibt Aufs und Abs, eine Versöhnung mit Mutter und bester Freundin, Liebeswirrungen, eine Begegnung mit dem Vater, der vor ihren Augen die Figur von Philipp annimmt, da er ähnlich belanglos faselt. Und es gibt das Kind in Karo, "das jeder mit sich herumträgt" und das bei Laura Lackmann als lebendige Filmfigur auftritt. "Du musst das Kind in dir annehmen", lautet einer der vielen Sätze aus dem Lehrbuch der Küchenpsychologie.

Regisseurin und Drehbuchautorin Lackmann hat die Handlung deutlich verschlankt und sortiert, die Stakkatosprache aufs Minimum reduziert. Das tut gut. Vor allem verleiht sie ihren Figuren Tiefe. Jede für sich ist nachvollziehbar und nicht nur Kulisse für die aufgekratzte Karo, die so traurig und gleichzeitig so frech-fröhlich aus ihren riesigen blau-grünen Augen blickt.

Mängelexemplar