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Pianisten-Legende und Ehrenbürger Magdeburgs eröffnet Konzertsaison der Magdeburgischen Philharmonie Brandender Applaus für den Klavierpoeten Menahem Pressler

Von Ulrike Löhr 30.09.2013, 01:14

Magdeburg l Mit fast 90 Jahren ist die Pianisten-Legende Menahem Pressler weiterhin auf der Suche nach der "göttergleichen Wahrheit" jeder Komposition. Zum dritten Mal in Folge war er zu Saisonbeginn der Sinfoniekonzerte der Magdeburgischen Philharmonie als Solist im Opernhaus zu Gast. Diesmal mit Ludwig van Beethovens sinfonischem Klavierkonzert Nr. 4.

Eingangs boten die Philharmoniker unter der Leitung des Generalmusikdirektors Kimbo Ishii-Eto einen Rückblick auf die Opernproduktion des Hauses anlässlich Wagners 200. Geburtstages mit Vorspiel und "Liebestod" aus "Tristan und Isolde". Die Wiener Sopranistin Silvana Dussmann wurde für die Schlusspartie der Isolde engagiert. Mit dem spannungsgeladenen Vorspiel und dem markanten "Tristan"-Akkord ließ Ishii-Eto sogleich dramatische Stimmungen entstehen. Welche vier sehnsüchtigen Töne der Celli - ein großer Bogen, der mit Bläsern in diesem berühmten Akkord kulminiert und sich nicht wirklich entspannend fortwebt. Silvana Dussmanns warmes, vollklingendes Soprantimbre nahm die schmerzliche Haltung zwischen Lieblichkeit und Verzweiflung sofort auf. Ihre Wandelbarkeit zwischen sattem Wohlklang im Piano und klarer Inbrunst in den Höhen berührte.

Anschließend gewährte das Orchester mit der Suite aus Richard Strauss\' Oper "Der Rosenkavalier" einen Vorgeschmack auf das Meisterwerk, das ab Februar 2014 im Opernhaus zu sehen sein wird. So bekam der emotional behaftete Konzertauftakt mit Strauss\'scher schwelgerischer Eleganz und verliebter Walzerseligkeit ein mitreißendes Gegengewicht. Der um das fünfte Horn und zwei Harfen erweiterte große Orchesterapparat imponierte mit vom Dirigenten angetriebenen Tempi, die Hörnerfanfaren gelangen allerdings nicht durchweg perfekt, doch wie faszinierend waren die eng verschlungenen Streicher, die zarten Oboen-Kantilenen und eine verzaubernde Chromatik bei den Akkordklängen von Flöte, Glockenspiel und Streichern.

Der zweite Konzertteil gehörte ausschließlich dem Grandseigneur der Kammermusik und Begründer des legendären Beaux Arts Trios - dem in Magdeburg gebürtigen Pianisten Menahem Pressler. Schon als der betagte Klavierpoet den ausverkauften Saal betrat, hielt das Publikum den Atem an. So blieb es auch während seiner Interpretation des Klavierkonzertes Nr. 4 op. 58 in G-Dur von Ludwig van Beethoven.

Mit Ruhe die Feinheiten der Komposition erspürt

Er begann versonnen seinen einsamen Konzertanfang, der ohne Beispiel ist: kein tosendes Orchestertutti, kein triumphal hineindonnernder Solist. Pressler erspürte mit Ruhe die Feinheiten des von Beethoven konzipierten "Gesprächs" zwischen Klavier und Orchester und entdeckte nochmals Beethovens "Befreiungsschlag" vom Vorbild Mozart hin zum sinfonischen Klavierkonzert. Pressler zelebrierte, dass es den Gegensatz zwischen Tutti und Solo nicht mehr gab, sondern ließ wie selbstverständlich eines aus dem anderen heraus sehr ausdrucksvoll wachsen. Ishii-Eto war mit seinem Dirigat sehr nah an ihm und führte seine Musiker sensibel.

Den kräftigen akkordhaften Punktierungen der Streicher im zweiten Satz setzte Pressler melancholisch introvertierte Linien und Figurationen entgegen - ein fließender Übergang in das von festlichem Glanz geprägte Finale (mit Pauken und Trompeten), das der Solist mit spannenden Virtuositäten schmückte.

Ein den brandenden Schlussapplaus mit Standing Ovations genießendes Lächeln Presslers machte auch nach seinem Chopin-Nocturne deutlich - der Klavierpoet hat noch viele Ideen, nach der "göttergleichen Wahrheit" einer Komposition zu suchen.