Ausstellung Brudermord im Schwurgericht
In Naumburg ist Kunst im einstigen Gefängnis zu sehen. Eine Ausstellung zeigt bemerkenswerte Arbeiten der Düsseldorfer Malerschule.
Naumburg l Das Treppenhaus des jahrelang geschlossenen Schwurgerichtsgebäudes in Naumburg präsentiert sich äußerst prachtvoll. Geschmückt ist es mit Säulen, Kapitellen, Bögen und einem Monumentalbild, das Blicke magisch anzieht. Das Gemälde trägt den Titel „Der Tod Abels“ und stammt von Eduard Bendemann (1811 bis 1889), dem einstigen Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie, der das Gemälde um den ersten Mord der Menschheitsgeschichte für das damalige Königlich-Preußische Schwurgericht schuf. Auf 5,60 mal 3,60 Meter geht es um den Mord Kains an seinem Bruder Abel und Gott als Richter. Der erschlagene Abel ist zu sehen, die trauernde Eva, der fliehende Kain, mittig Gott. Richter und Geschworene mussten einst dort vorbei.
Das Monumentalbild, an dem Bendemann ab 1860 arbeitete, das 1864 nach Naumburg kam, später verbannt war und erst 1999 ins Schwurgerichtsgebäude zurückkehrte, gilt als bedeutendes Zeugnis der Kunstschule vom Rhein und ist Kernstück der Ausstellung. „Naumburg und die Düsseldorfer Malerschule“ präsentiert 100 Gemälde, Zeichnungen und Studien ihrer einstigen Künstler.
Kunst in Naumburg e.V. ist Träger der Ausstellung, der mit Unterstützung der in Bonn ansässigen Dr.-Axe-Stiftung die Arbeiten präsentiert und um Privat- und Museums-Leihgaben ergänzte.
Kurator Guido Siebert spricht von großem Renommee der einstigen Künstlerschmiede, die sich durch eine besondere Arbeitsweise ihren guten Ruf erwarb. „Zum ersten Mal wurde ein Meister-Schüler-Verhältnis etabliert, das über die eigentliche Lehrzeit hinausging“, sagt Siebert und spricht von einem „familiären Beziehungsgeflecht“, das eine sehr konstruktive, fruchtbare, kreative Atmosphäre bedient habe. In einem Ausstellungsraum wird eben dieses Leben der Maler in ihren Ateliers in der damaligen Kleinstadt Düsseldorf aufgegriffen. Künstler in enger Nachbarschaft, gegenseitige Porträtarbeiten, Freundschaftsbildnisse entstanden. „Es war ein ständiger Austausch, eine ständige Diskussion im Gange“, sagt Siebert und spricht von einer wichtigen Grundlage für den Erfolg. Die Schule entwickelte sich zur modernen, führenden deutschen Ausbildungsstätte für Maler. 4000 Künstler waren von 1819 bis 1918 an der Akademie oder ihrem Umfeld tätig. Die einstige Popularität vergleicht Siebert mit der Neuen Leipziger Schule.
Der Schwerpunkt der Malerschule lag anfangs auf der Historienmalerei. Wilhelm von Schadow, der von 1826 bis 1859 das Direktorat hatte, wird als deren bekannter Vertreter vorgestellt. „Christus der Auferstandene zwischen den Evangelisten Johannes und Matthäus“ aus dem Jahr 1824 kam als Leihgabe aus der Landesschule Pforta.
Unter von Schadows Ägide entwickelte sich auch die Landschaftsmalerei. Johann Wilhelm Schirmer, Leiter der ersten Klasse für Landschaftsmalerei, Andreas und Oswald Achenbach, die den Norden und den Süden malten, Eugène Dücker. Zwischen starken Goldrahmungen sind idyllische Küstenstreifen zu sehen, Wasserfälle, Berge und Schluchten, Holzsammler im Schnee, Dorfstraßen und Wassermühlen. Die Landschaftsmalerei ist stark in der Ausstellung vertreten, war sie doch auch ein außerordentlich erfolgreicher Zweig der Schule. Gezeigt werden aber auch Porträts und die Genremalerei mit großformatigen Arbeiten von Carl Wilhelm Hübner.
Eduard Bendemann ging 1827 an die Kunstakademie und wurde 1859 deren Direktor. Sein „Tod Abels“ wird von Studienzeichnungen zu dieser Großarbeit ergänzt. Sie stammen aus dem Berliner Kupferstichkabinett und der Kunstsammlung der Universität Göttingen und sind laut Kurator Guido Siebert erstmals gemeinsam mit dem Original ausgestellt. Später im Rundgang ist ein weiteres Bendemann-Kain-Bild zu sehen. Es gilt als Farbentwurf zum Großbild. Passend zum Hauptmotiv der Ausstellung auch die von Studien mit Motiven des Brudermordes von Johann Wilhelm Schirmer. „Kain erschlägt Abel“ und „Kains Flucht“ sind Leihgaben aus dem Museum Zitadelle Jülich.
Bis 30. August sind Bendemanns Großarbeit und die 100 Exponate zu sehen. Danach schließen sich die Schwurgerichtstüren. Was bleibt, sind ein bemerkenswerter Katalog mit Wissenswertem um eine bis dato im Osten wenig bekannte Malerschule.