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Vor 25 Jahren kam Wim Wenders\' Film "Der Himmel über Berlin" in die Kinos: Romantik mit einem Hauch von Kitsch Bruno Ganz und Otto Sander als strafversetzte Schutzengel

Von Axel Schock 26.10.2012, 01:13

Berlin (dapd) l Wim Wenders war auf das Schlimmste gefasst. Als 1987 beim Filmfestival in Cannes sein Film "Der Himmel über Berlin" erstmals der Presse gezeigt wurde, suchte er sicherheitshalber das Weite. "Die zerreißen mich in der Luft", war sich der Filmemacher sicher, weil er fürchtete, die Erwartungen nach seinem Kinoerfolg "Paris, Texas" nicht erfüllen zu können. Am Ende bekam Wenders in Cannes den Preis für die beste Regie.

Tatsächlich hätte der Kon- trast zwischen diesem US-Roadmovie und dem poetischen Berlin-Film kaum größer ausfallen können. Wenders und sein Koautor Peter Handke erzählen in "Der Himmel über Berlin" die Geschichte der Schutzengel Cassiel und Damiel, gespielt von Bruno Ganz und Otto Sander, die von Gott auf die Erde strafversetzt wurden. Für die Menschen, mit Ausnahme von Kindern, unsichtbar, bewegen sie sich durch das von Krieg und Teilung gezeichnete West-Berlin und spenden den Menschen Trost und Zuversicht.

Doch dann verliebt sich Damiel in eine Zirkusartistin und gibt für sie sein Dasein als unsterblicher Engel auf. Wenders\' damalige Lebensgefährtin Solveig Dommartin hatte sich für ihr Schauspieldebüt eigens in monatelangem harten Training zur Trapezkünstlerin ausbilden lassen.

"Nach seiner amerikanischen Phase mit zuletzt ¿Paris, Texas\' entpuppt sich Wenders mit ¿Der Himmel über Berlin\' als ein Romantiker, der auch dem Kitsch nicht abhold ist. Es ist dieses Changieren, das dem Film eine ganz eigene Dimension und Faszination verleiht", beschreibt der Filmhistoriker Wolfgang Jacobsen im dapd-Gespräch den besonderen Zauber des Films. Dem waren bei der Uraufführung in Cannes auch Publikum und Jury erlegen. Nach der Auszeichnung in Cannes bekam der Film viele weitere Preise, unter anderem den Bayerischen und den Deutschen Filmpreis. Curt Bois, der in seiner letzten Kinorolle zu sehen war, wurde wie Wenders mit dem Europäischen Filmpreis geehrt. 25 Jahre nach dem Kinostart am 29. Oktober 1987 ist "Der Himmel über Berlin" immer noch einer der erfolgreichsten Spielfilme von Wenders und erlebte 1998 unter dem Titel "Stadt der Engel" ein weniger erfolgreiches Hollywood-Remake mit Meg Ryan und Nicolas Cage.

Wenders\' "Wings of Desire", so der internationale Verleihtitel, hat nicht nur längst Kultstatus erlangt, sondern ist mittlerweile auch Dokument einer verschwundenen Stadt: dem West-Berlin der Vorwendejahre. Der damals bereits 77-jährige Kameramann Henri Alekan hatte die Brachlandschaften entlang des Grenzstreifens, die Ruine des Anhalter Bahnhofs ebenso eindrücklich und poetisch eingefangen wie die Prachtstraßen und Nachkriegsbauten.

Wenders wollte eigentlich auch im Ostteil der Stadt drehen und stattete dazu dem für Film zuständigen stellvertretenden DDR-Kulturminister Horst Pehnert einen Besuch ab. Der zeigte sich zwar zunächst aufgeschlossen, eine Drehgenehmigung erteilte er allerdings nicht.

"Als der merkte, dass die Hauptfiguren unsichtbar waren und durch Mauern gehen konnten (und deswegen auch durch DIE Mauer), da war mit ihm nicht mehr zu reden", erinnerte sich Wenders in einem Interview mit der Zeitung "Die Welt".

Zum 20. Jubiläum des Filmstarts war "Der Himmel über Berlin" 2007 mit neuen Kopien noch einmal ins Kino gekommen. Und auch heute ist der Film immer wieder im Programm kleinerer Lichtspielhäuser. So wird er morgen im Berliner Lichtblick-Kino (15.15 Uhr) und im Zeughaus-Kino (20 Uhr) des Deutschen Historischen Museums gezeigt.