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Umjubelte Premiere von Rossinis Märchenoper "La Cenerentola" auf Schloss Wernigerode Buntes Werben mit glanzvollem Finale

Von Hans Walter 13.08.2012, 03:26

Sieben Minuten Applaus - die Premiere von Rossinis Märchenoper "La Cenerentola" am Freitag auf Schloss Wernigerode wurde zu einem großen musikalischen und szenischen Erfolg.

Wernigerode l Es ist schön, dass die 17. Schlossfestspiele außer der traditionell hochstehenden Klangkultur auch szenisch wieder zu altem Glanz zurückgefunden haben. Das lag vor allen daran, dass die zauberhafte Aschenputtel-Oper "La Cenerentola" von Gioachino Rossini mit einem prächtigen, in jeder Weise herausragenden Sängerensemble konsequent mit dem Schloss als Schauplatz von Regisseurin Renate Rochell inszeniert wurde. Nicht etwa gegen das erhabene Bauwerk.

Die Handlung spielt auf einer kleinen Bretterbühne und auf dem Schloss des Prinzen Don Ramiro (Daniel Jenz). Gesungen wurde in Deutsch, mit allergrößter Textverständlichkeit! Mit seinen drei Töchtern zieht Don Magnifico (Kevin Moreno) rastlos von Ort zu Ort, immer auf der Suche nach passenden Edelmännern für zwei der Schwestern: für die putzsüchtigen Schönheiten Clorinda (Nora Lentner) und Thisbe (Juliane Harberg). Die dritte Schwester, das Aschenputtel Angelina (Svetlana Smolentseva), darf dagegen das Podest herrichten, Schuhe putzen und Kaffee kochen für die Schwestern und den Vater. Die eigentlich Schönste findet in dieser Familie einfach nur als Domestikin statt! Die vier waren auch in ihrer Körpersprache mitreißend!

In dieses Abbild einer zerstrittenen Familie kommt Prinz Ramiro auf der Suche nach Liebe und einer Frau. Mit seinem Kammerdiener Dandini (Kazuhisa Kurumada) hat er die Rollen auf dem Schloss getauscht, um Magnificos und seiner Töchter Werben um die herrschaftliche Gunst auf die Probe zu stellen. Sein Mentor und philosophischer Freund Alidoro (Sebastian Naglatzki) richtet derweil in Feinjustierung die Dinge so ein, dass sich Herz zu Herzen find\'t.

"Stets muss der Hochmut untergeh\'n - die Liebe hat gesiegt", verkündet der Chor. Das Aschenputtel mit dem sprechenden Namen Angelina - der Engel - bekommt natürlich seinen Traumprinzen Don Ramiro. Und verzeiht der Familie, die sie am liebsten tot gesehen hätte und sie so sehr misshandelt hat ...

Renate Rochell erfand für den schnellen Umbau auf der Off-Szene fünf dienstbare nette Schlossratten, die überall zur Stelle sind, wo helfende Hände gebraucht werden (einschließlich der Beschirmung des Orchesters bei Regen). Ihr stand mit dem vierköpfigen Chor (Marcel Radke, Joshua Fromm, Martin Götz, Marvyn Horn) eine stimmgewaltige und spielfreudige Herren-Verstärkung des Solistenensembles zur Verfügung. Die jungen internationalen Darsteller zeigten Spiel- und Sangeslaune, dass es eine Lust war!

Bühnenbildner Manfred Kaderk hatte ein in seiner konsequent einfachen Logik hervorragend funktionierendes Schloss-Bühnenbild ge- und erfunden. (Das wurde auch in der Ausweichspielstätte, dem Fürstlichen Marstall, ausgiebig zitiert. Die Premieren-Besucher erlebten beide Spielorte - Regen vertrieb sie vor dem ersten Finale aus dem Schloss.) Bei den aufwändigen Kostümen, Perücken und Accessoires für die drei Schwestern und den Vater übertraf sich die Kostümbildnerin Anke Drewes-Siebenborn selber: Detailverliebt mit vielerlei Stoffen und Materialien spielend, erzählt sie damit die Charaktere der Oper.

Ein großer musikalischer Kraftakt des Kammerorchesters unter Musikdirektor Christian Fitzner und der Solisten. Es wäre ungerecht, eine Leistung besonders hervorzuheben - hier fand sich das Ideal eines Rossini-Ensembles! Immer schneller, immer lauter, immer mehr Noten und Worte in kürzester Zeit bis zum glanzvollen Finale - die Zuschauer jubelten!