Verrückte Familie Chaos-Komödie Die Welt der Wunderlichs von Dani Levy
Dani Levy erzählt in seiner neuen Komödie von einer veritablen Chaos-Familie. Hannelore Elsner und Peter Simonischek gehören dabei genau so zum starken Ensemble wie Katharina Schüttler in der Hauptrolle.
Berlin (dpa) - Gerade erst hat das amerikanische Kino in Bad Moms sehr lustig aber auch bewegend von völlig überforderten Müttern erzählt. Nun schickt Regisseur Dani Levy (Mein Führer) seine Alleinerziehende Mimi auf einen hundertminütigen Chaostrip.
Es geht um Unmengen an verletzten Gefühlen, um Eifersucht und schlechtes Gewissen, um nicht realisierte Träume und eine dysfunktionale Familie wie man sie so im deutschsprachigen Kino kaum gesehen hat. An der Seite von Katharina Schüttler sind in dieser chaotisch-wilden Komödie mit ernstem Unterton weitere renommierte Schauspieler zu sehen wie Hannelore Elsner, Peter Simonischek und Christiane Paul.
Mimi Wunderlich steht kurz vor dem Nervenzusammenbruch. Mal wieder wird sie wegen ihres hyperaktiven Sohnes in die Schule beordert. Der Siebenjährige hat eine Lehrerin in einen Schrank gesperrt. Und den Pädagogen fällt dazu nicht viel mehr ein als die Frage: Warum geben sie ihm nicht einfach Ritalin?. Die schmal gebaute Mimi aber muss noch mehr schultern: Ihr Vater (Simonischek) ist manisch-depressiv und spielsüchtig, Mimis Ex-Mann ein völlig abgewirtschafteter Musiker, der seinen Sohn sträflich vernachlässigt. Sorgen muss sich Mimi zudem um ihre divenartige, hoch theatralische Mutter, die ihrer Zeit als Schlagersängerin nachtrauert.
Wir sind nicht interessant, wir sind Psychos, bringt Mimi den Zustand ihrer Familie in einem besonders verzweifelten Moment auf den Punkt. Da kommt die Einladung zu einer Casting-Show - Mimi kann wunderbar singen - gerade recht: vielleicht Mimis letzte Chance, sich endlich von ihrer Familie zu emanzipieren und einen Traum zu verwirklichen.
Dass der gebürtige, schon lange in Berlin ansässige Schweizer Dani Levy, sein Handwerk versteht, das hat er mit Filmen wie dem großartigen Alles auf Zucker! allemal unter Beweis gestellt. Seine Wunderlichs nun gehören zwar nicht zu Levys stärkstem Werk, dafür ist der konstant ruhelose Film einfach zu überdreht und chaotisch und mit mehr oder weniger zündenden, lustig-traurigen Gags überfrachtet. Unterhaltsam ist Levys Komödie gleichwohl.
Ein Gutteil der Mängel wird zudem durch das famose und sehr erfahrene Darsteller-Team kompensiert: Hannelore Elsner, die auch in Alles auf Zucker! schon dabei war und ohnehin eine Zier ist für fast jeden Film. Peter Simonischek, der unlängst mit seiner Leistung in Toni Erdmann viel Aufsehen erregte, und eine wunderbar derangierte Christiane Paul als Mimis manipulative Schwester. Katharina Schüttler schließlich überzeugt in fast jeder Szene. Ihre Mimi ist so fragil wie durchhaltestark, und bei aller Schwäche das gesunde, das normale Zentrum einer komplett dysfunktionalen Familie.
Spannend an Levys Chaos-Komödie, die einige Parallelen zu Little Miss Sunshine aufweist, ist der Blick des Regisseurs auf die den Film abrundende Casting-Show. Man spürt, dass für Levy von diesem so beliebten wie umstrittenen Fernseh-Genre eine bestimmte Faszination ausgeht. Seine Beobachtungen der Show, in der Mimi einen hoch emotionalen Auftritt hinlegt, sind so sezierend wie auch liebevoll.
Liebevoll ist schließlich auch Levys Herangehensweise ans Thema Mutterschaft. In einem im Presseheft zum Film veröffentlichten Interview erklärt er, er sehe die Wunderlichs auch als Verbeugung vor alleinerziehenden Müttern. Während sich im Abspann von Bad Moms, dieser thematisch teils ähnlich gelagerten US-Komödie, die Hauptdarstellerinnen mit ihren echten Müttern zeigen, hat Dani Levy ans Ende seiner Wunderlichs eine schlichte Widmung gestellt: Für meine Mama, die den Film leider nicht mehr sehen konnte.
Die Welt der Wunderlichs, Deutschland/Schweiz 2016, 103 Min., FSK ab 0, von Dani Levy, mit Katharina Schüttler, Peter Simonischek, Christiane Paul