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Bayreuther Festspiele Darf man bei Wagner lachen?

Die Bayreuther Festspiele sind für Wagnerianer eine ernste Sache. Jetzt inszeniert Musical-Experte Davids auf dem ehrwürdigen Hügel. Und wenn es nach ihm geht, darf es ruhig lustig werden.

Von dpa 22.07.2025, 04:15
Matthias Davids inszeniert in Bayreuth „Die Meistersinger von Nürnberg“
Matthias Davids inszeniert in Bayreuth „Die Meistersinger von Nürnberg“ Daniel Vogl/dpa

Bayreuth - Ein Musical-Mann inszeniert Wagner – und bringt den Humor auf die Bühne. Matthias Davids führt in diesem Jahr Regie bei den „Meistersingern von Nürnberg“, der Eröffnungspremiere der Bayreuther Festspiele. Und dabei dürfe gelacht werden, sagt er im Interview. 

„Die Meistersinger sind ja als komische Oper tituliert, und wir untersuchen die Form der Komik, die in dieser Oper steckt. Mir geht es nicht darum, die gesamte Rezeptionsgeschichte in die Inszenierung zu packen, sondern den Humor hervorzuheben, von dem unglaublich viel im Werk zu finden ist“, sagt er im Interview der Deutschen Presse-Agentur kurz vor dem Start der Festspiele an diesem Freitag (25. Juli). 

Davids: „Wir suchen die Leichtigkeit“

„Wir suchen die Leichtigkeit in den Meistersingern - auch in der Figur des Hans Sachs, der oft als melancholischer Grübler und Welterklärer daherkommt. Der Mann hat auch seine leichten Momente – und seine lustigen.“

Damit verfolgt Davids, Leiter der Musical-Sparte am Landestheater Linz, einen komplett anderen Ansatz als den von Barrie Kosky, der sich in der jüngsten Bayreuther Inszenierung der „Meistersinger“ mit Richard Wagners Antisemitismus auseinandersetzte und den Gerichtsaal der Nürnberger Prozesse auf der Bühne erschienen ließ. 

„Jetzt sehe ich den Zeitpunkt gekommen, zum komödiantischen Inhalt des Stücks zurückzukehren“, sagt er der dpa. „Es ist ja immer die Frage: Wie viel Konzept stülpt man einem Werk über, und verschüttet man damit die Story? Die Geschichte ist ja auch so schon kompliziert genug.“

Insgesamt sieht er die Tendenz, Geschichten aus alten Opern mit modernen Interpretationen zu versehen, kritisch. „Ich glaube, es ist schwierig, wenn man mit Jugendlichen in der Schule einen Klassiker behandelt und sie den Stoff oft gar nicht wiedererkennen, wenn sie ihn im Theater sehen, weil ein Regiekonzept hinzukommt, das unter Umständen die eigentliche Geschichte nicht oder nur teilweise erkennbar macht“, sagt er.

„Ich glaube, viele Leute empfinden das inzwischen ein bisschen als Gängelung, die Einstellung des Publikums hat sich da gewandelt. Es sagt nicht mehr: Ich verstehe das nicht. Es sagt: Wenn ihr es nicht schafft, mir das nahezubringen, ist das euer Problem.“

Oper hat seiner Ansicht nach „ein bisschen den Anschluss verpasst“

Insgesamt, meint er, könne das Opengenre sich vom Musical durchaus eine Scheibe abschneiden: Das Musical-Genre habe „keine Probleme, aktuelle Geschichten in neue Stücke zu gießen – im Gegensatz zur Oper“, sagt Davids. „Anstatt alten Opern neue Regiekonzepte überzustülpen: Warum schreibt kaum jemand neue Opern, die zugänglich sind? Es gibt doch Tausende von spannenden Geschichten. Aber da hat die Oper ein bisschen den Anschluss verpasst.“