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Moritzburg Die Franzosen kommen

Das Hallenser Kunstmuseum präsentiert ab 12. März 160 Werke französischer Postimpressionisten.

Von Uta Baier 10.03.2016, 23:01

Halle l Sie waren nicht nur reiche Sammler, sondern auch Revolutionäre: die Schweizer Hedy Hahnloser-Bühler und ihr Mann Arthur. Zumindest im Winterthur des beginnenden 20. Jahrhunderts. Bei der von ihnen initiierten Revolution ging es freilich nicht um politische Veränderungen. Um eine Veränderung der Gesellschaft reicher, kunstbegeisterter und kunstsammelnder Fabrikanten und Bürger jedoch sehr wohl.

Der Augenarzt Arthur Hahnloser (1870-1936) und seine Frau Hedy (1873-1952) sorgten in ihrer bis dahin vor allem vom Interesse an heimischen Künstlern geprägten Stadt für vielfältige Begegnungen mit der besten, modernsten Kunst ihrer Zeit. Dass die meist aus Frankreich kam, ärgerte manchen Schweizer Bürger. Damals zumindest. Heute gehört die Sammlung Hahnloser-Bühler nicht nur zu den bedeutendsten Schweizer Privatsammlungen, sondern zu den bedeutendsten Sammlungen postimpressionistischer und fauvistischer Kunst weltweit.

Denn das Sammlerehepaar war begeistert von moderner Schweizer und französischer Kunst, lernte immer neue Künstler kennen, kaufte ihre Werke kontinuierlich und präsentierte sie in ihrer Villa Flora. Das erste Bild kaufte das Paar 1907 direkt im Atelier des Schweizer Künstlers Ferdinand Hodler - ein „Kirschbäumchen“. Mit diesem Kauf begann eine lebenslange Freundschaft zwischen Künstler und Sammlern. Und so sollte es bleiben: Die Hahnlosers besuchten „ihre“ Künstler in Frankreich und der Schweiz, luden sie zu sich ein und kauften gern mehrere Werke auf einmal und immer wieder.

Zwischen 1907 und 1936, dem Todesjahr Arthur Hahnlosers, das das Ende der aktiven Sammelzeit markiert, kamen so rund 300 Gemälde und etwa 1000 Arbeiten auf Papier zusammen. Ein Sämann von Van Gogh und ein Sonnenblumenbild sind ebenso darunter wie Plastiken von Rodin und Maillol, Gemälde von Toulouse-Lautrec, Matisse, Cézanne, Renoir, Gauguin, um nur einige aufzuzählen. „In Winterthur war ich Gast von Monsieur und Madame Hahnloser. Welch eine Bonnard-Sammlung habe ich dort sehen können! Und wie viele Renoir, Matisse, Roussel und Vuillard. Letztlich ist unsere ganze moderne Kunst vertreten“, schrieb der Pariser Kunsthändler Ambroise Vollard 1916 über die Sammlung.

Die Villa Flora blieb zwar nach dem Tod der Sammlerin Wohnhaus der Familie, stand jedoch Besuchern offen. Ab 1995 wurde das Haus ein öffentliches Museum. Seit 2014 ist die Villa geschlossen, denn die weitere Finanzierung des Museumsbetriebs ist nicht geklärt. Ende offen.

Vorerst schickt die Stiftung daher ihre Bilder auf eine exklusive Ausstellungstournee - nach dem Vorbild des MoMA und der Kunsthalle Bremen, die während umfangreicher Baumaßnahmen ihre Kunstschätze mit großem Erfolg in anderen Museen zeigten.

Eine Auswahl von Werken aus der Sammlung Hahnloser-Bühler in der Kunsthalle Hamburg sahen im vergangenen Jahr 136 000 Besucher. Auch im Pariser Musée Marmottan Monet gab es großes Interesse an der Sammlung, obwohl Paris reich an Werken des späten Impressionismus ist. Das Musée Marmottan zählte in seiner Anfang Februar zu Ende gegangenen Ausstellung 177 000 Besucher. Ab 12. März sind 160 Hahnloser-Bühler-Werke in der Ausstellung „Magie des Augenblicks“ in der Moritzburg in Halle zu Gast. Anschließend zeigt die Staatsgalerie Stuttgart die Sammlung.

Die Aufzählung der Ausstellungsstationen Hamburg, Paris Halle, Stuttgart klingt nicht nur exklusiv, sie ist es auch. „Das Kunstmuseum Halle gehört natürlich in diese Reihe“, sagt sein Direktor Thomas Bauer-Friedrich, dessen erklärtes Ziel es ist, das Museum wieder so bedeutend zu machen, wie es vor 1933 war. „Wir zeigen Van Gogh, Cézanne, Bonnard, Vallotton, Matisse und damit die Vorläufer unserer Expressionisten und werden die Beziehungen zwischen ihnen deutlich machen“, sagt Bauer-Friedrich. Eine Sonderpräsentation mit zeitgleich entstandenem Kunsthandwerk aus der Hallenser Sammlung soll weitere Beziehungen verdeutlichen.