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Atelierbesuch bei Jochen P. Heite Ein Maler, der mit dem Dunkel und der Helligkeit kämpft

02.07.2011, 04:36

Jochen P. Heite ist, was die Malerei betrifft, Quereinsteiger und Autodidakt. Er malt, organisiert Kunstausstellungen und wurde 2007 zum Vorsitzenden des Verbandes Bildender Künstler in Sachsen-Anhalt gewählt. Volksstimme besuchte ihn in seinem Atelier in der Magdeburger Innenstadt am Breiten Weg.

Von Jörg-Heiko Bruns

Magdeburg. Jochen P. Heite hat eine abwechslungsreiche Vita: Studium der Kunsterziehung, Arbeit als Lehrer und schließlich als Bühnenmaler und Bühnenbildner in Magdeburg. 1989 kehrt er von einer Westreise nicht zurück und lässt sich auf Kreta nieder, lehrt dort in Sachen Kunst, macht eigene Ausstellungen und muss feststellen, dass der griechische Kunstmarkt so seine Tücken hat.

Er kommt zurück nach Deutschland, arbeitet als Bühnenbildner und betreibt eine Theatergalerie in Freiberg bei Dresden. Seine nächste Station ist Stuttgart, hier wird er in den Künstlerverband aufgenommen. Schließlich kommt er doch zurück nach Haldensleben, wo er schon als Kunsterzieher an der Heine-Oberschule wirkte. Auch hier betreibt er wieder eine Galerie, bis er 2009 endgültig nach Magdeburg umsiedelt und im Breiten Weg eine schöne Kombination von Wohnung und Atelier findet.

Gleich neben dem Fahrstuhl im dritten Stock geht es in die Wohnung und umgehend auf die Kunst zu. Was sofort auffällt, ist ein Kalender mit Arbeiten von Mark Rothko, dem großen Vertreter des amerikanischen Abstrakten Expressionismus und der Farbfeldmalerei.

"Malerei braucht ein Konzept", sagt der siebzigjährige Heite, "und das suche ich noch für mich. Ganz allein für mich." Wie sich später herausstellen wird, ist der Rothko-Kalender so etwas wie eine Programmvorgabe gegenwärtigen Tuns von Jochen P. Heite.

Im geräumigen Wohnzimmer findet sich ein frühes Bild von 1988, das ein wenig an die Dresdener Malerei denken lässt. Zurückhaltend in den Farben ein alter Krug neben einer Flasche, eine schmale Blechbüchse als Vase für zwei vertrocknete Sonnenblumen und ein auf dem Tisch abgelegtes altes Foto. Ein typisches, realistisches Stilleben, zurückhaltend eben in der berühmten Dresdner Malkultur.

"Diese Intentionen kommen von der Bühne"

An anderen Wänden hängen Bilder neueren Datums, die auch an einen zweiten Meister der Moderne denken lassen, an Pierre Soulages, den Vertreter der abstrakt-ungegenständlichen Richtung in Frankreich, die sich auch als Gegengewicht zum amerikanischen abstrakten Expressionismus sah. Je mehr sich Heites monochrome Bilder öffnen, sind beide Welten vor Augen.

"Ich glaube, diese Intentionen kommen bei mir von der Bühne", unterrichtet der Maler den Besucher. "Die dunkle, karge Bühne ist immer besser als eine zu opulent bunte. Wenn der König auftritt, muss die Bühne stimmen", erinnert er sich an seine Theaterzeit und fügt hinzu, dass das mit der Malerei nicht viel anders sei.

Wenn er bei seinen frühen Bildern von Dekorativität spricht, so ist sie auch in seiner neuen Bilderwelt zu finden. Hier aber ist sie anziehender. Die schwarzen Farben, aus denen auch mal ein dunkles Blau aus den Tiefen auftaucht, oder Bruchstücke von Schrift, sind in sich sehr verschieden. Auch ein vermeintlich nur schwarzes Bild kann aufregend abwechslungsreich sein.

"Aus meinem Helldunkelkampf entstehen zuweilen richtige Farbreliefs", erklärt Heite. "Hier wechseln pastose Schichten mit Lasuren." Und dann sucht er einen Vergleich: "Wenn ich die Tiefe eines Brunnens malen könnte, wäre ich am Ziel, das wäre mein Ideal, aber ich stehe ganz am Anfang", bekennt er weiter. So macht er Fotos von der Elbe und studiert die differenzierten Schwärzen und tastet sich in seiner neuen Bilderwelt voran. Er erzählt gern von seinen Bildern und von seinen Zweifeln und wie er in seinen Kompositionen die Gewichtung der Flächen und die Abstimmung der Farben untersucht. Im winzigen Flur stapeln sich angefangene Bilder, der kleine Atelier-Raum ist reichlich bestückt mit Leinwänden, die der fortgesetzten Bearbeitung harren.

"... ob ich Bilder in die Öffentlichkeit entlassen soll ..."

Der Maler ist in seinem Atelier immer einsamer Kämpfer und manchmal auch einsamer Verlierer. "Ich bin ich", sagt Heite, "und natürlich muss ich mich auch fragen, ob ich eines meiner Bilder in die Öffentlichkeit entlassen soll."

Hier schlagen dann wieder die zwei Herzen in seiner Brust: Das des Malers und das des Ausstellungsmachers und Kunstmanagers. Natürlich braucht er die Öffentlichkeit mit seinen Bildern, eigentlich zu allererst mit seinen Bildern, auf dass ein Urteil von Kunstkennern und -freunden gegeben wird zu den schwarzen Bildern des Jochen P. Heite. Ich bin überzeugt, es werden sich Freunde finden und die Bilder finden ihren Weg zum Publikum, wenn er seinen Helldunkelkampf beenden kann.