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Zu Besuch bei Friederike Bogunski und Sabine Schultz in Magdeburg Eine Galerie voller überFLUSS

25.06.2010, 05:19

Es ist schon ungewöhnlich, dass man eine Galerie betritt und gleichzeitig auch zwei Arbeitsplätze von Künstlerinnen entdeckt. Friederike Bogunski und Sabine Schultz haben sich in der Schönebecker Straße 112 einen doppelten Job gesichert: als Galeristinnen und als Künstlerinnen. Sie nennen ihre Galerie "überFLUSS", sicher in der ironischen Anspielung, dass es Kunst im Überfluss gibt, aber wohl auch darauf, dass unweit von ihrer Galerie eine Fähre die Gäste über den Fluss bringen kann.

Von Jörg-Heiko Bruns

Magdeburg. Seit Anfang Oktober 2009 herrscht Überfluss in Buckau. Die Galerie wurde mit allergrößtem Besucherandrang eröffnet und hat sich inzwischen mit einigen Ausstellungen verdient gemacht und bewiesen, dass so eine Kunstunternehmung abseits vom Zentrum der Landeshauptstadt möglich ist.

Wenn nicht gerade eine Einzelausstellung dominiert, hat man ganz im Positiven den Eindruck, eine bunte Stube zu betreten. Die Wände sind mit Werken unterschiedlichster Künstler wie Anne Rose Bekker, Anette Groschopp, Beate Schoppmann, Sabine Schultz, Lisa S. Rackwitz und Rainer Hirsch, Rainer Bogunski oder Jochen P. Heite von oben bis unten ausgestattet. In den Vitrinen findet sich Schmuck von Friederike Bogunski, Beata Hinz und Egon Sellin und auf den Podesten finden sich Keramiken von Judith Runge und Thomas Löber-Buchmann, Plastiken von Klaus Thiede und spaßige Objekte von Holger Wenke.

Die Galerie als soziales Werk betreiben

Das kann man in der Tat Überfluss nennen, und Käufer der Kunst fanden sich auch schon einige, so dass immer ein klein wenig mehr als die Miete übrig blieb. "Das machen wir alles ohne jegliche Förderung", betonen die taffen Frauen, die sich im Berufsverband Bildender Künstler kennengelernt haben. Friederike Bogunski spricht sogar von "Liebe auf den ersten Blick", was zuerst die künstlerische Übereinstimmung meint. Sabine Schultz brachte schon Erfahrungen aus Halle mit. "Irgendwie möchte ich mit der Galerie auch ein soziales Werk betreiben", wirft sie im Gespräch ein. "Deshalb kommen wir den Künstlern entgegen und sie uns", ist ihr positives Resümee.

"Natürlich kommt nicht alle halbe Stunde ein Kunde, und so bleibt uns auch genügend Zeit für die eigene kreative Arbeit, bei der niemand stört." Selbst das Baby von Friederike Bogunski, das erst einige Wochen alt ist, spielt in diesem "Spiel" mit. Sabine Schultz’ Kinder sind schon älter und haben ebenfalls kreative Berufe ergriffen. Der Spagat zwischen Galeriearbeit und schöpferischer Arbeit gelingt ganz offensichtlich, denn das Publikum und die Künstlerkollegen sind von den Ergebnissen angetan. Friederike Bogunski, ausgebildet an der Hochschule Wismar zur Schmuckdesignerin, hat sich mit eher monumentalem Schmuck versucht. Solche Arbeiten und lebensgroße farbige Fotos dazu, werden in der noch bis Sonnabend geöffneten Ausstellung "Der Dinge Stand 2010" (beide Künstlerinnen stellen dort aus) besonders ins Auge fallen. Und trotz der Teilung des Tagesablaufs in "Künstlerrolle und Muttirolle" sucht sie schon wieder nach neuen Wegen. Da spielt die Fotografie eine wichtige Rolle, weitere Objekte sollen entstehen, auch Installationen mit Puppen und "vielleicht wende ich mich auch mehr der Malerei zu", erzählt sie beim Tee. Ihre Schmuckstücke haben ja schon etwas mit Miniaturmalerei zu tun. "Ich suche den Dialog mit der Welt." Den findet sie ganz gewiss in der Galerie und in ihrer schöpferischen Arbeit.

Tod, Leben und Vergänglichkeit

Sabine Schultz komponiert ihre Bilder anders als ein Maler. Auf ihrem Arbeitstisch und in vielen Fächern und Schachteln finden sich Fundsachen, aus denen sie Assemblagen (Materialbilder) zusammenfügt. In additiver Strenge und oft geometrischer Genauigkeit fügt sie Steine, Scherben aus Glas oder Keramik, Federn, Knochen und andere Materialien bis zur verrosteten Schere zusammen. Alte Schriften kommen ebenso vor wie alte Banknoten. In der Arbeit "Liebesbrief" montiert oder collagiert sie Brieffetzen hinzu, eingearbeitete Fotos in Eisenrahmen und, und, und …. "So erfahre ich auch mehr über mich", kommentiert die Künstlerin ihre Arbeit und fügt hinzu, dass Tod, Leben, Vergänglichkeit bei ihr eine große Rolle spielen. Nach 27 Jahren hat sie ihr früheres Leben aufgearbeitet, stellt sich Fragen und gibt wohl auch Antworten. Andere Arbeiten wie "Epitaph für einen Grünfink" oder "Herbsttagebuch" und "Augenzauber" strahlen eine magische Poesie aus, wie sie den kreisrunden oder vieleckigen mystischen Mandalas aus den indischen Religionen nachgesagt werden.

Schmuck und Assemblagen entstehen im Galeriebetrieb, der auch funktioniert, "weil wir einen netten Vermieter haben, der uns einen kulanten Preis gemacht hat".

Im Sommer wollen die beiden Künstlergaleristinnen Kinderkulturtage in einem alten Teppichladen durchführen, natürlich auch in Buckau. Man darf sicher sein, dass da ein Funke überspringt zu den kleinen Künstlern. Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 11 bis19 Uhr, sonnabends 11 bis 18 Uhr