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Erste Ausstellung für Paula Modersohn-Becker in Frankreich

Frankreich entdeckt nach 100 Jahren Paula Modersohn-Becker. Dabei hat Paris die Kunst der deutschen Malerin stark beeinflusst. Nun wird die Künstlerin gleich dreifach gewürdigt.

Von Sabine Glaubitz, dpa 08.04.2016, 12:24

Paris (dpa) – In Paris hat sie Paul Cézanne entdeckt, Auguste Rodin kennengelernt und ihre künstlerische Freiheit gefunden. Paris hat den Blick auf ihre Kunst verändert.

Obwohl die Seine-Metropole eine wichtige Rolle im Leben von Paula Modersohn-Becker (1876-1907) gespielt hat, wurde der deutschen Malerin - einer der wichtigsten Persönlichkeiten der Worpsweder Künstlerkolonie - dort noch nie eine Ausstellung gewidmet. Bis jetzt: Denn mit rund 120 Werken präsentiert das Museum für moderne Kunst der Stadt Paris nun die erste Schau in Frankreich. Auch mit einer Doku und einer Biografie durch die Bestsellerautorin Marie Darrieussecq will man das Versäumte nachholen.

Warum Frankreich die Künstlerin so lange ignoriert habe, werde wohl eine offene Frage bleiben, meint die Kuratorin Julia Garimorth. Eigentlich hätte die 2014 im Louisiana-Museum bei Kopenhagen organisierte Ausstellung übernommen werden sollen, doch der Schwerpunkt lag zu sehr auf den Landschaftsmalereien und den in Worpswede entstandenen Bilder, sagte die Kunsthistorikerin der Deutschen Presse-Agentur in Paris. Und so werden in der bis zum 21. August dauernden Werkschau L’intensité d’un regard (etwa: Die Intensität eines Blickes) Arbeiten gezeigt, die den Einfluss der Seine-Metropole widerspiegeln.

Die Künstlerin kam erstmals im Januar 1900 nach Paris. Sie habe zwar Angst vor der Großstadt gehabt, doch habe sie eine neue Welt in sich wachsen spüren, führt Garimorth aus. Bis zu ihrem frühen Tod im Alter von 31 Jahren in Worpswede kehrte Modersohn-Becker noch drei Mal nach Paris zurück. Jeder Aufenthalt hinterließ in ihren Werken seine Spuren. Ich habe das schöne Gefühl, daß ich tüchtig weiter komme, mich nach einer anderen Seite hin strecke und wachse. Das ist ein tiefes ernstes Glücksgefühl, schreibt sie in einem der Briefe an ihre Eltern.

Während sich ihre Werke vor und um 1900 noch durch eine realistische Ästhetik charakterisieren, nähert sich die Malerin durch ihre Paris-Aufenthalte einer immer unkonventionelleren und freieren Bildsprache an. Ihre durch Künstler der deutschen und italienischen Renaissance beeinflusste Tendenz zu großen und klaren Formen verstärkte sich. Accessoires wie Blumen und Perlenketten tauchen auf, und die Formen ihrer weiblichen Figuren werden schlichter und konstruktiver, wie ihre Mutter-und-Kind-Bilder oder ihre maskenhaften Selbstporträts illustrieren. Es brennt in mir das Verlangen, in Einfachheit groß zu werden, schrieb sie.

In Paris entdeckte sie auch Paul Cézanne, den Wegbereiter der modernen Malerei. Das sei ein wahrer Schock gewesen. Seine Kunst habe sie darin bestärkt, ihren eigenen Weg zu gehen, sagt Garimorth.

Eine ihrer produktivsten Phasen in Paris waren die Monate zwischen 1906 und 1907. Bis zu 90 Werke soll sie während ihres letzten Paris-Aufenthalts geschaffen haben. Sie habe nur für sich gemalt, sie habe nicht versucht, für ihre Malerei ein Publikum zu finden. Zu Lebzeiten verkaufte sie fünf Werke, zwei davon erwarben Freunde von ihr.

Das Leben von Paula Modersohn-Becker hat auch die französische Bestsellerautorin Marie Darrieussecq fasziniert. Zufällig sei sie auf die Ankündigung eines psychoanalytischen Kolloquiums über Mutterschaft gestoßen, das mit einem Bild der Künstlerin warb, auf dem eine Mutter ihr Kind stillt. Es hat mich berührt, und ich wollte mehr über diese Malerin wissen, sagte die Schriftstellerin (Schweinerei). Daraus entstand die Biografie Etre ici est une splendeur (etwa: Hier zu sein ist eine Pracht). 

Am Ende ihrer Paris-Erfahrung schrieb Paula Modersohn-Becker: Jetzt weiß ich nicht mehr wie ich signieren soll. Ich bin keine Modersohn und auch keine Paula Becker mehr. Ich bin ich, und ich hoffe es immer mehr zu werden. In der demnächst ausgestrahlten Doku 4 x Paris geht auch der Sender Arte auf die Ausnahmekünstlerin in Paris ein.  

Homepage des Museums