Im hohen Alter schreibt der Revolutionsführer Bücher / Erste Memoiren auf Deutsch Fidel Castro erzählt aus Revolutionszeiten
Kubas Revolutionsführer Fidel Castro hat in jüngster Zeit mehrere Memoirenbände veröffentlicht. Der erste liegt nun auf Deutsch vor. Er handelt vom siegreichen Kampf seiner Guerillatruppe gegen die Armee des kubanischen Diktators Batista im Sommer 1958.
Berlin (dpa) l Früher war Fidel Castro für seine langen Reden bekannt. Sieben Stunden, acht Stunden, das war sein Markenzeichen. Im hohen Alter nun schreibt der ehemalige kubanische Staatschef lange Bücher. Mehrere Memoirenbände sind in den vergangenen zwei Jahren in Havanna erschienen, den ersten gibt es jetzt auch auf Deutsch.
"Der strategische Sieg" behandelt eine kurze, aber entscheidende Phase der kubanischen Revolution: Die Kämpfe von Castros Rebellen gegen die Armee des Diktators Fulgencio Batista vom 25. Mai bis 6. August 1958 in der Sierra Maestra im Südosten Kubas.
Batista hatte damals versucht, mit einer Großoffensive den Guerilleros in den Bergen den Garaus zu machen. Zehntausend Soldaten gegen 300 Rebellen, doch am Ende siegten die "Barbudos", die bärtigen Revoluzzer.
Zur Erinnerung: Castro und 81 Kameraden waren Ende 1956 an Bord der Motorjacht "Granma" auf Kuba gelandet, um gegen Batista zu kämpfen. Die meisten starben im Bombenhagel der ersten Tage, ein kleiner Rest konnte sich in die Sierra Maestra durchschlagen. Nach und nach erstarkte die Truppe, erbeutete Waffen, gewann Mitstreiter.
Nach der Niederlage im Sommer 1958 waren die Tage Batistas auf Kuba gezählt. Castros Männer fanden auf ihrem Vormarsch kaum noch Gegenwehr, angesichts eines demoralisierten Heeres, dessen Soldaten für ein durch und durch korruptes Regime nicht mehr ihr Leben lassen wollten. In der Neujahrsnacht 1959 floh Batista, eine Woche später zog Castro im Triumph in Havanna ein. Castro ist jetzt 85 Jahre alt, seine Führungsämter gab er nach schwerer Krankheit 2006 an seinen jüngeren Bruder Raúl ab. Den Memoirenband läutet er mit einem autobiografischen Kapitel ein, in dem er auf 18 Seiten seine Kindheit, Schul- und Universitätszeit Revue passieren lässt. Die 74 Gefechtstage im Sommer 1958 nehmen dann 400 Seiten ein. Auf 270 Seiten Anhang gibt es außerdem zahllose Fotos, Landkarten, Dokumente sowie Abbildungen und präzise Beschreibungen der auf beiden Seiten benutzten Waffen: Karabiner, Sturmgewehre, Mörser, Bazookas, Panzerwagen oder auch Flugzeuge.
So erfährt man, dass Castro die meiste Zeit ein belgisches Gewehr mit Zielfernrohr trug, weil er dessen Präzision schätzte. Alles in allem ist sein Gefechtsbericht für den Durchschnittsleser aber viel zu lang geraten, und er bringt für das Verständnis der kubanischen Revolution auch nichts wirklich Neues.
Die fulminante Sprache sucht man vergebens
Die 21 Karten im Anhang erläutern einzelne Schlachten, doch gibt es im ganzen Buch nicht eine einzige Landkarte, die dem ausländischen Leser mal Kuba als Ganzes oder die Sierra Maestra im Überblick zeigt. Auch die "fulminante Sprache", die der Verlag anpreist, sucht man im Buch vergebens, zumindest in der deutschen Übersetzung. Leseprobe: "Während der ersten Monate des Jahres 1958, als der Guerillakampf sich festigte und eine qualitative Veränderung des Krieges erfolgte, nahm das Klima des Aufstandes im übrigen Land weiter zu."
"Die Kubanische Revolution hat bis heute nichts von ihrer Strahlkraft verloren", heißt es in der Ankündigung des Verlags Neues Leben. Darüber gehen freilich die Meinungen auseinander. Viele lateinamerikanische Intellektuelle, die Castro wegen seines Sieges über Batista und seines Kampfes für soziale Gerechtigkeit bewundert hatten, wandten sich später enttäuscht von ihm ab, als sich Kuba mehr und mehr in Richtung einer totalitären Diktatur entwickelte, in der jede Opposition gnadenlos unterdrückt wurde.
Kurz nach dem Erscheinen von "Der strategische Sieg" 2010 hatte Castro schon den zweiten Band mit dem Titel "Die strategische Gegenoffensive" fertig. Er behandelt die folgenden Monate bis Anfang 1959 und soll nächstes Jahr auf Deutsch erscheinen. Doch damit nicht genug: Im Februar 2012 stellte der Pensionär in Havanna zwei weitere Memoirenbände vor. Im Gespräch mit der Journalistin Katiuska Blanco schildert er darin die Zeit von seiner Kindheit bis 1958. Umfang: 1000 Seiten.
Fidel Castro Ruz: Der strategische Sieg - Erinnerung an die Revolution. Aus dem Spanischen von Waltraud Hagen, Ulrich Florian und Olaf Niepolt. Eulenspiegel Verlagsgruppe - Neues Leben, 704 Seiten, mit farbigen Bildteilen, 29,95 Euro, ISBN 978-3-355-01800-5