Amadeuskomplott gastierte in Tangerhütte Freche Romanzen in einer Straßenbahn
Tangerhütte. Der Festsaal im Neuen Schloss von Tangerhütte, inmitten des Gartenträume-Stadtparks gelegen, verwandelte sich am Sonntagnachmittag in einen nächtlichen Straßenbahnwaggon. Es war drängend voll im Zuge, der sich mit Duke Ellingtons "Take The A-Train" in Bewegung setzte. Der Autor und Sprecher des Programms Ludwig Schumann hat sich für die 5. Sommertour des Amadeuskomplotts eine Geschichte ausgedacht, in der unter dem Titel "Die Schöne, die Nacht & der Tag" die Besucher an den Träumereien von fünf Passagieren der letzten Straßenbahn teilnehmen.
Auch in den vergangenen Jahren wurden Schumanns Geschichten in enger Verbindung von Text und Musik erzählt. Amadeuskomplott aber ist niemals nur ein Streichquartett plus Saxophon plus Sprecher gewesen, sondern immer ein Ganzes, in dem die musikalischen und die Sprecherstimmen gleichermaßen die Geschichte erzählen, einander begleiten oder auch schon mal ins Wort fallen.
In diesem Jahr gelang die musikalisch-literarische Verbindung ganz besonders gut. Warnfried Altmann mit seinem Saxophon und das Streichquartett aus Ingo Fritz und Marco Reiß (Violinen), Susanne Skalla (Viola) sowie Zsolt Visontay am Violoncello erzählten mit Ludwig Schumann gemeinsam romantische und erotisch-freche Geschichten, etwa die vom Ministerialdirigenten, der angesichts einer ganz besonders schönen weiblichen Rückansicht aus seinem ministerialen Gleichgewicht gerät und zwischen Pflichtgefühl und Neigung soweit auseinanderfällt, dass sogar Paganinis berühmte Caprice Nr. 24 sich auf zwei verschiedene Geigen verteilt. Als dann Bachs gestrenge Invention mit Violoncello und Saxophon erklingt, ist die Welt wieder in wunderbarer Ordnung. Nicht unbedingt allerdings für den "Trittbrettfahrer", einen Frosch, welcher beim Fremdgehen mit der Grille unvorsichtig wurde und nur so noch dem Klapperstorch entwischen konnte, eine, von Robert/ Ludwig Schumanns "Kuriosen Geschichten".
Mitfahrer und Zuhörer waren begeistert
Einer der nächtlichen Fahrer liest Gedichte von Francois Villon, eine 82-Jährige träumt von "Georgs Händen" und erinnert sich frisch verliebt an die Abenteuer ihres erfüllten Lebens, an einen begnadeten Tangotänzer beispielsweise der ihr bei Bizets Carmen-Tango sehr nahekam.
Bezaubert hat diese Straßenbahnfahrt aber vor allem die gewöhnlichen Mitfahrer und Zuhörer. Sie haben sich über die Frechheiten und erotischen Traumgeschichten wie über die poetisch-romantischen Momente amüsiert und gefreut.
Überraschungen gab es in den gesprochenen Geschichten ebenso wie in den von Ingo Fritz arrangierten oder von Warnfried Altmann improvisierten und von allen hervorragend gespielten musikalischen Geschichten, von Schumanns "Träumerei" bis zu Warnfried Altmanns "Kontrolleursrap". An der Endstelle dauerte es lange, bis die Gäste zum Aussteigen zu bewegen waren.
Die Straßenbahn wird noch am 30. Juli in Halberstadt Spiegelsberge abfahren und am 28. August in Rieder/Roseburg.