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Premiere für "Die Geschichte vom kleinen Onkel" im Magdeburger Puppentheater Für alle etwas, nichts für alle

07.06.2011, 09:24

"Die Geschichte vom kleinen Onkel" – eine Figur der preisgekrönten schwedischen Kinderbuchautorin Barbro Lindgren-Enskog – hatte im Magdeburger Puppentheater am Sonntag eine vom Publikum eher zurückhaltend aufgenommene Premiere. Je nach Altersstufe der Kinder (ab vier Jahre) wie der erwachsenen Zuschauer reichten die Meinungen von Unverständnis bis Begeisterung.

Von Rolf-Dietmar Schmidt

Magdeburg. Die Geschichte ist ganz einfach. Allerdings ist es oft gerade das Einfache, was so schwer zu machen ist. Der kleine Onkel ist anders als die anderen. Er wird gemieden, weil er anders aussieht, weil er zu dick ist und damit nicht der genormten Masse Mensch entspricht. Folglich hat er keine Freunde, die er sich allerdings sehnlichst wünscht.

Dieses Problem kennen Kinder bestens. Doch der kleine Onkel ist ein Erwachsener, und Erwachsene agieren in einer solchen Situation völlig anders als Kinder. Regisseur Nis Søgaard bleibt vordergründig, aber nicht beständig in der Welt der Erwachsenen, wenn er den kleinen Onkel per Suchanzeige nach einem Freund Ausschau halten lässt. Das ist besonders für kleinere Kinder schwer nachvollziehbar, denn die bevorzugen direkte Kommunikation, wie "Willst du mein Freund sein?" oder "Willst du mit mir spielen?"

Das Stück ist außerordentlich poetisch inszeniert, begeistert durch wunderbare Bilder und Allegorien, was angesichts der Tatsache, dass praktisch kaum ein Wort gesprochen wird, auch besonders wichtig ist.

Dem Zuschauer erschließen sich die Themen wie Einsamkeit, Traurigkeit, Gleichschaltung, aber auch Freude, Spaß am Leben, am Spiel und Glück durch Freunde allein durch die von mehreren Puppenspielern direkt geführten Puppen.

Unterstützt wird das durch eine Musik, die im Techno-Sound auf das Geschehen abgestimmt ist. Das Vermissen eines Freundes ist ein zutiefst komplexer Sachverhalt, der von kleinen Kindern intuitiv, von größeren durchaus differenziert und von Erwachsenen wiederum völlig anders erfasst wird. Diesen Spagat in der künstlerischen Bearbeitung, alle anvisierten Zuschauergruppen anzusprechen, kommt der Quadratur des Kreises nahe.

Die Inszenierung ist, allerdings nicht konsequent, auf größere Schüler, auf Jugendliche zugeschnitten. Gerade dort brennt die Problematik der Anerkennung durch die anderen, der Kommunikation untereinander und der Suche nach Freundschaft auf den Nägeln.

Viel Raum für die eigene Fantasie

Die Musik, die Allegorien auf allgemeine Uniformität, die Art der Kommunikation per Handy oder bei der Suche nach einem Freund durch Zettel an Bäumen – all das bestätigt den Hinweis auf diese Zielgruppe.Dem stehen allerdings Mittel und Formen entgegen, wie das Spielen mit dem Hund oder den Bällen, die durchaus die jüngsten Zuschauer erreichen. So wird jeder Altersgruppe was, aber keiner alles geboten.

Eine Miniumfrage nach der Vorstellung bestätigte dieses Bild. Die vierjährige Henriette aus Magdeburg konnte mit dem Stück gar nichts anfangen, der sie begleitende Opa kam mit der Musik nicht zurecht, während ein neunjähriger Schüler von der Inszenierung begeistert war.

Sowohl die Puppen (Barbara Weinhold) wie auch die Bühne von Sven Nahrstedt ließen breiten Raum zur Fantasieentfaltung, vermochten den Wechsel zwischen Fröhlichsein und Traurigkeit überzeugend mit sehr viel Intensität zu vermitteln.

Die Inszenierung ist künstlerisch anspruchsvoll, steckt voller Ideen und Anregungen, ist aber alles andere als leichte Kost. So ab neun oder zehn Jahren bis hin zu jung gebliebenen Erwachsenen dürfte die Geschichte vom kleinen Onkel aber absolut sehenswert sein.