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Disco-Betreiber fürchten bis zu zehnfach höhere Abgaben nach der Reform der Tarifstruktur GEMA kämpft gegen ihr schlechtes Image

23.07.2012, 03:29

Totengräber der Discos und intransparenter Moloch: Der Musikrechtevertreter GEMA steht heftig in der Kritik. Dabei vertritt die GEMA viele Künstler, die allein gar nicht an ihr Geld kämen.

München (dpa) l Ist die GEMA schuld, wenn demnächst Discos dichtmachen? Seit die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte die Gebühren für Tanztempel reformieren will, laufen Disco-Betreiber, Politiker und der Gaststättenverband Sturm. Bis zu zehnfach höhere Abgaben, klagen sie, stürzten kleine Clubs in den Ruin.

Schon davor hatte die GEMA Probleme mit ihrem Image: Nach einem Prozess im April sollte die Internet-Plattform Youtube verstärkt dafür sorgen, dass dort keine Videos mit urheberrechtlich geschützter Musik auftauchen. Gleichzeitig wurde die Rolle des Videoportals als neutrale technische Plattform bestätigt. Beide Seiten haben Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt, so dass der Streit weitergeht. Youtube sperrte mehr und mehr Clips für Nutzer in Deutschland - aber die GEMA bekam von vielen die Schuld dafür in die Schuhe geschoben.

Unterstützer scheint der Verein, der dafür sorgt, dass Songschreiber und Komponisten Geld bekommen, wenn ihre Musik in der Öffentlichkeit gespielt wird, kaum zu haben. Eine sehr aktive Kritikerin ist Monika Bestle, die schon zwei Petitionen gegen die GEMA verfasst hat. "Die Veranstalter bezahlen, aber bei den Künstlern kommt nichts an - die Verteilung durch die GEMA ist zutiefst ungerecht", sagt die Veranstalterin einer kleinen Kulturwerkstatt im Allgäu.

Das Tarifsystem ist tatsächlich hochkompliziert: 137 Tarife listet die Organisation auf ihrer Internetseite auf. Dazu gibt es viele Unter- und Härtefallregelungen. "Eine echte Wissenschaft", räumt GEMA-Syndikus Alexander Wolf ein. "Das ist auch ein bisschen die Krux der GEMA. Das führt zu extrem komplexen Verteilungsmechanismen, denn das Geld muss Punkt für Punkt gerecht verteilt werden", sagt er. Die Mitglieder seien jedoch oft skeptisch: Geht da alles mit rechten Dingen zu?

Ja, versichern Wolf und der Direktor der Abrechnungsabteilung, Jürgen Brandhorst. "Wenn ein Stück einer Newcomerband im Radio gespielt wird, verdient die Band genauso viel daran wie ein großer Rockstar." Wichtig seien hier nur zwei Fragen: "Wie oft und wo wird ein Werk gespielt?"

Nicht erst seit Aufkommen des Internets wollen viele Menschen für die Musik, die sie hören, kein Geld auf den Tisch legen. Der Musiker und Autor Sven Regener kritisierte das im Bayerischen Rundfunk zuletzt heftig: "Das ist im Grunde nichts anderes, als wenn man uns ins Gesicht pinkelt und sagt: Euer Kram ist eigentlich nichts wert, wir wollen das umsonst haben." Er forderte eine gerechte Bezahlung für die Urheber und kritisierte die Geiz-ist-geil-Mentalität vieler, die sich Musik illegal im Netz besorgen, heftig. "Die GEMA sind letztendlich wir", sagt er.

Denn die Organisation sorgt dafür, dass auch die Menschen hinter den bekannten Sängern und Bands Geld für ihre Arbeit bekommen. Alleine könnten sie ihre Rechte kaum gegenüber Veranstaltern und anderen professionellen Musiknutzern durchsetzen. Sie schließen dafür einen Vertrag mit der GEMA ab und die treibt dann für sie das Geld ein.

Die nun geplante Gebührenänderung für Discos bedeute für einen mittelgroßen Club eine Erhöhung von rund 28000 Euro auf etwa 174000 Euro im Jahr, sagt Lutz Leichsenring von der Berliner Clubcommission. Der Gaststättenverband Dehoga spricht von Gebührensteigerungen einzelner Betriebe von bis zu 500 Prozent.

GEMA-Sprecherin Ursula Goebel gibt zu: "Für 40 Prozent der Veranstalter wird es teurer werden." Doch diese hätten bislang auch zu wenig bezahlt. Weniger als 10 Prozent der Betreiber würden künftig wirklich stark belastet - vor allem große Diskotheken ab 800 Quadratmetern und acht Euro Eintritt. Die neuen Tarife sollen am 1. Januar 2013 in Kraft treten.