Bruce Springsteen und seine E Street Band beglücken 45000 Fans in Leipzig Gigantische Rock-Show vom "Boss"
Keine Vorgruppe, keine Pause und keine Zeit zum Durchatmen. Drei Stunden Bruce Springsteen am Stück. 45000 Fans in der ausverkauften Leipziger Red-Bull-Arena sind Sonntagabend überaus beglückt. Was sie erleben, kann man nur mit grandios überschreiben.
Leipzig l Als Bruce Springsteen kurz nach 22.30 Uhr ein letztes Mal den Arm in Richtung Publikum reckt, wird er noch einmal frenetisch gefeiert. Er hat den Platz für sich auf der Bühne, seine legendäre E Street Band ist in den Katakomben verschwunden. Drei Stunden Auftritt-Omnipräsenz haben da die Musiker um den "Boss" hinter sich - ohne auch nur einmal die Bühne verlassen zu haben.
Bei Springsteen müssen die Fans nicht einmal Zugaben einfordern. Bei ihm gehören sie zum Konzert, zur gigantischen Rock-Show ohne lichttechnischen Firlefanz. Hier gehts um Musik, hier gehts um Texte. Unterbrechungen sind Fehlanzeige. Selbst die Gitarrenwechsel sind bei Springsteen rauschend schnell.
Fans wünschen sich auf Pappschildern ihre Lieblingssongs
Der Rock-Gigant und die Band sind in der ganzen Welt zu Gast mit ihrer "Wrecking-Ball-Tour". Die begann im März vergangenen Jahres in Atlanta und endet im September in Rio de Janeiro. Leipzig war das letzte von vier Deutschlandkonzerten. Übermorgen rockt Springsteen in Rom.
Keines der mehr als 120 Konzerte gleicht dem anderen. Nicht nur, weil sein Song-Repertoire so groß ist, sondern weil er sich auf ein nettes Wünsch-Dir-Was-Spiel mit den Fans einlässt. Die halten ihm Pappschilder entgegen, auf denen in großen Lettern Lieblingssongs stehen. Spring-steen sammelt Pappe für Pappe ein, freut sich über die Wünsche, schaut zur Band. "One, two, three" gibt er vor. Los gehts mit "Sherry Darling". Das Publikum stimmt ein. Spring-steen, 63 Jahre alt, Jeans, hochgekrempeltes Hemd, schwarzer Schlips, strahlt in die wogende Menge.
Er zieht aus dem Pappschilderberg einen weiteren Wunsch. "You Never Can Tell". Soundcheck, er mimt den Lange-nicht-gespielt-Musiker. Das Publikum lacht. Als ob sich die Bandmitglieder erst noch sammeln müssten. Wer hier auf der Bühne steht, gehört zur ersten Liga: Bläserquintett, Drummer, Gitarristen, Sängerinnen, Pianist. 16 Musiker. Badabadabadabada. Die Menge singt. Dann noch ein Wunsch, das Liebeslied "Back In Your Arms". Springsteen sitzt versunken auf der Bühne, er kniet. Einer der wenigen Momente im Konzert zum Innehalten.
"Can You Feel the Spirit?", schreit er dann förmlich ins Mikro. Natürlich können das seine Fans. Auch, weil bei ihrem Rockidol die ganze Zeit dieses Lächeln im Gesicht liegt, diese Freude am Spiel, mit der er eine für jedermann spürbare Euphorie verbreitet. "We need you", ruft er in die Menge und winkt. Ein tausendfaches Winken kommt zurück. Das Stadion singt mit, all die Lieder aus der jahrzehntelangen Erfolgsgschichte des Musikers. Es geht um verlorene Träume und harten Realitäten. Springsteen war und ist ein aufmerksamer Beobachter der Zustände in seinem Land, in der Welt. Auch für sein neues Album "Wrecking Ball" (übersetzt Abrissbirne) hat er viel beobachtet. Im Titellied singt er: "Haltet zusammen und habt keine Angst". Es ist eine seiner Botschaften.
Ein German Beer, ein Dauerlächeln und tausendfaches Winken
Dann ein German Beer, das ihm ein Fan hinhält. Er trinkt auf ex. Weiter gehts mit krachendem Rock, Rock, Rock. Fast zum Schluss der Kultsong "Born In The USA". Die gehisste Amerikafahne hängt flau am stählernen Bühnenbau. Kein Wind. Es ist ein herrlicher Sommerabend in Leipzig.
Und Springsteen ist bestens aufgelegt. Immer wieder schüttelt er Hände, klatscht ab, gibt Unterschriften, tanzt mit einer Rettungssanitäterin, holt Kinder auf die Bühne. Ein kleines Mädchen nimmt er auf den Arm, gibt ihr das Mikrofon. Sie singt "Waiting On A Sunny Day", als ob sie nichts anderes gelernt hätte. Diese Nähe! Die Massen sind beglückt, ein Gefühl, das den Abend über anhält.
Zu später Stunde gehen die Scheinwerfer an. Das ausverkaufte Stadion ist taghell. Weil hier nicht nur "der Boss" im Rampenlicht steht, weil es hier um die Fans geht. Oder will Springsteen nur schauen, ob auch wirklich alle noch da sind? Ja natürlich, sind sie. Schließlich erlebt man nicht alle Tage solch ein Rockkonzert.