Ballett Nach Kritik: Aus für Hamburger Ballettintendant Demis Volpi
Schon seit Wochen war die Stimmung beim Hamburg Ballett schlecht. Erste Solisten kündigten, Tänzerinnen und Tänzer beschwerten sich über ein „toxisches Arbeitsklima“. Das hat nun Konsequenzen.

Paukenschlag beim Hamburg Ballett: Der Deutsch-Argentinier Demis Volpi ist nicht länger Intendant der weltberühmten Ballettcompagnie. Der Vertrag des 39-Jährigen werde vorzeitig aufgelöst, teilte die Kulturbehörde in Hamburg mit - nach nur einem Jahr.
Der Aufsichtsrat der Hamburgischen Staatsoper habe dem zugestimmt. Beide Seiten hätten sich in den letzten Tagen „einvernehmlich auf einen Auflösungsvertrag zum Ende der Spielzeit und auf eine sofortige Freistellung verständigt“, hieß es.
Massive Kritik von Tänzerinnen und Tänzern
Der Nachfolger von Ballett-Legende John Neumeier (86) stand zuletzt massiv in der Kritik, unter anderem hatten ihm Tänzerinnen und Tänzer in einem Brief an Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) ein schlechtes Arbeitsklima und mangelnde Kompetenz vorgeworfen.
Als Reaktion darauf starteten Geschäftsführung und Betriebsrat der Oper in enger Abstimmung mit dem Ballett-Ensemble eine Gefährdungsbeurteilung, bei der alle Ensemble-Mitglieder anonymisiert zu ihrer Arbeitssituation befragt wurden. Die Ergebnisse sollten in dieser Woche veröffentlicht werden.
Tänzerinnen sprechen von einem „toxischen Arbeitsklima“
Bereits Anfang April war bekanntgeworden, dass fünf Erste Solisten ihre Verträge nicht verlängern werden. Wenig später wandten sich in einem Brief 36 Tänzerinnen und Tänzer - und damit mehr als die Hälfte der Ballettcompagnie - an Brosda. Darin sprachen sie von einem „toxischen Arbeitsklima“. Auch 17 derzeitige und ehemalige Tänzerinnen und Tänzer vom Ballett am Rhein in Düsseldorf, wo Volpi zuvor tätig war, hatten sich an Brosda gewandt.
Keine Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit
Der Aufsichtsrat der Hamburgischen Staatsoper teilte mit: „Wir bedauern, dass es nicht gelungen ist, eine gemeinsame Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit im Hamburg Ballett zu schaffen.“
Volpi sagte: „Meine Vision – sowohl in künstlerischer Hinsicht als auch im Hinblick auf eine zeitgemäße Struktur, die offene und verantwortungsvolle Zusammenarbeit innerhalb einer Ballettcompagnie ermöglicht – ließ sich trotz intensiver Bemühungen unter den aktuellen Rahmenbedingungen am Hamburg Ballett nicht weiter verwirklichen. Im Sinne aller Beteiligten haben wir uns daher auf eine einvernehmliche Beendigung meiner Intendanz verständigt.“
Wie geht es jetzt weiter?
Nun wird eine gemeinschaftliche Interimsleitung des Hamburg Ballett als Sparte der Hamburgischen Staatsoper bis zum Ende der Spielzeit 2025/2026 angestrebt. Dazu finden aktuell Gespräche mit dem stellvertretenden Ballettintendanten Lloyd Riggins, dem Ballettbetriebsdirektor Nicolas Hartmann und der stellvertretenden Direktorin der Ballettschule Gigi Hyatt statt, wie die Kulturbehörde mitteilte. Riggins ist mit sämtlichen Werken von Neumeier vertraut und war schon unter Neumeier stellvertretender Ballettintendant.
In Abstimmung mit dem Betriebsrat soll nun ein extern moderierter Prozess mit der Compagnie eingeleitet werden, in dem unter anderem Maßgaben für die künftige Zusammenarbeit sowie die Anforderungen der Compagnie an eine künftige Ballettdirektion erarbeitet werden. Diese sollen anschließend in einen Findungsprozess einfließen.
Neumeier hat das Hamburg Ballett zu Weltruhm geführt
Nach 51 Jahren an der Spitze hatte Intendant Neumeier die Leitung des Hamburg Balletts im vergangenen Sommer an Volpi übergeben. Der gebürtige Amerikaner Neumeier hatte das Hamburg Ballett unter seiner Leitung zu Weltruhm geführt. Compagnien in aller Welt tanzen seine mehr als 170 Choreografien, darunter Handlungsballette wie „Ein Sommernachtstraum“ und „Die Kameliendame“ oder Bachs „Matthäus-Passion“ und Mozarts „Requiem“.