1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Heinz Rudolf Kunze bei Auftakt der Deutschland-Tour in Halle

Live-Premiere Fans feiern Heinz Rudolf Kunze bei Auftakt der Deutschland-Tour in Halle

Der Star hinter „Dein ist mein ganzes Herz“ beginnt in Halle mit seiner Jubiläums-Tour - zwei Jahre verspätet, aber mit einem Mammutprogramm und von den Fans gefeiert.

Von Steffen Könau Aktualisiert: 24.04.2022, 10:57
Heinz Rudolf Kunze bei der Tourpremiere in der halleschen Händelhalle.
Heinz Rudolf Kunze bei der Tourpremiere in der halleschen Händelhalle. Foto: Steffen Könau

Halle (Saale) - Sieben Monate Ausgehverbot, danach nur Konzerte im kleinen Saal, in Kirchen und Klubs. Als Heinz Rudolf Kunze auf die große Bühne der Händelhalle in Halle kommt, spielt eine Orgel dramatische Musik dazu. Auferstehung kurz nach Ostern! Es sei das erste Mal seit zwei Jahren, dass er wirklich wieder auf einer Bühne stehe, wird der 65-Jährige später sagen. Alle Konzerte, die er seit Pandemiebeginn spielen durfte, waren Sitzkonzerte.

Heute das ist anders. Heute, das ist die Rückkehr zum Rock'n'Roll. Begleitet von einer fünfköpfigen Band holt der Mann hinter Hits wie „Dein ist mein ganzes Herz“, „Finden Sie Mabel“ und „Leg nicht auf“ seine Tour zum 40. Jubiläum mit vollem Besteck nach. Zwar steht das letzte reguläre Studio-Album „Der Wahrheit die Ehre“ im Mittelpunkt, Kunzes größter Hitparaden-Erfolg seit Mitte der 90er Jahre immerhin. Doch der wortgewaltigste deutsche Pop-Dichter lässt trotzdem keinen seiner großen Hits aus und zitiert zwischendurch noch die Stones, die Kinks und andere Säulenheilige des Rock.

Balladen und Gassenhauer

Es gibt die Balladen, es gibt die Gassenhauer, es gibt auch harten Stoff wie das uralte „Kadaverstern“, eine Klavierballade über Tierversuche, die jeden Rest von guter Laune in jedem Saal der Welt zuverlässig tötet. Doch Kunze gelingt das Kunststück, sein Publikum ebenso schnell aus den Stimmungsloch zu holen wie er es zuvor hineingestoßen hat.

Der Katalog an mitsingkompatiblen Songs, über den der Mann aus Hannover verfügt, scheint unendlich: Nach „Meine eigenen Wege“, Ende der 80er Jahre geschrieben auf dem Weg zu einem Konzert in der DDR, wie Kunze erzählt, folgt „Leg nicht auf“, dann ist da „Wenn Du nicht wiederkommst“, das Lied, das die seit Kunzes erstem Ost-Auftritt auf einem Sportplatz am Rande von Leipzig traditionellen Zugabe-Rufe „Heinz - noch eins“ ablöste, weil die Fans nun immer „Wenn Du nicht wiederkommst“ sangen. Dazu „Ich habs versucht“ und natürlich „Dein ist mein ganzes Herz“, der größte Single-Erfolg des Denkers unter den deutschen Popsongdichtern.

Manchmal auch an der Gitarre: Heinz Rudolf Kunze in Halle
Manchmal auch an der Gitarre: Heinz Rudolf Kunze in Halle
Foto: Steffen Könau

Auch heute spart Kunze zwischendurch nicht an galligen Zwischentexten, die die tanzenden Fans für Minuten in stille Zuhörer verwandeln. Mal geht es grantelnd gegen das Gendern, mal gibt es Nachhilfe in Deutsch, wenn der studierte Germanist den Unterschied zwischen „dasselbe“ und „das Gleiche“ auf amüsante Weise erklärt. Mal wird es aber auch ganz aktuell und zu Tränen rührend wie bei der Geschichte des Ukrainers Boris Romantschenko, der im Zweiten Weltkrieg als „Russe“ in deutschen KZs gequält wurde. Und vor kurzem in seiner ukrainischen Heimatstadt Charkiw von einer russischen Rakete getötet. „So wurde er denazifiert“, sagt Kunze und es wird ganz, ganz still im Saal.

Gitarrenduelle in Halle

Ein Wechselbad der Gefühle, das der Mann mit dem großen Schal in der Händelhalle anbietet, begleitet von einer hervorragenden Band, in der Rio Reisers früherer Gitarrist Manuel Lopez immer wieder mit herausragenden Soli brilliert. Eine Woche hat Kunze sich mit seiner „Verstärkung“ in Halle eingemietet, um für die große Deutschland-Tour zu proben. Das Ergebnis kann sich hören lassen: Die Band spielt transparent, Manuel Lopez und sein Kollege Andrew Gräser duellieren sich, später auch Kunze und Keyboarder Matthias Ulmer.

Tickets für die Tour bei Mawi-Concert hier

Ein großer Abend mit großen Melodien, die eine große Karriere auf den Punkt bringen. Von „Lola“, dem vermutlich ersten Transgendersong in deutscher Sprache, bis zum Ur-Oldie „Nachts um halb 3“, von „Aller Herren Länder“ bis „Ich brauch Dich jetzt“ zelebriert Heinz Rudolf Kunze gestenreich zweieinhalb Stunden „Mit Leib und Seele“ (Liedtitel). Am 30. April ist er in Erfurt zu Gast, am 6. Mai in Magdeburg und am 7. Mai in Leipzig.