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Im Ostereiermuseum sitzt der Nikolaus im Knast

Mehr als 1000 Eier in allen Größen, Farben und Verzierungen stehen in den Vitrinen des Ostereiermuseums in Sonnenbühl. In diesen Tagen ist die Schau besonders beliebt. Nur der Nikolaus freut sich nicht.

Von Jonas Schöll, dpa 19.03.2016, 11:25

Sonnenbühl (dpa) - Der Nikolaus sitzt hinter Gittern - und streicht an der Wand seiner ovalen Zelle aus Kalkschale die Tage ab, bis er wieder frei kommt.

Ausgerechnet in einem Osterei muss er die Zeit bis zum Winter fristen. Was eine harte Strafe für jeden Nikolaus sein muss, spielt sich in einer der Vitrinen des Ostereiermuseums in Sonnenbühl (Kreis Reutlingen) ab.

Dort stehen mehr als 1000 verzierte Ostereier, die Künstler aus aller Welt auf ganz unterschiedliche Weise gestaltet haben. Bis zu 10 000 Besucher kommen jedes Jahr in den kleinen Ort mit rund 7000 Einwohnern auf der Schwäbischen Alb. In diesen Tagen ist die Ausstellung rund ums Ei besonders beliebt.

Kein Ei gleicht dem anderen. Es sei die Form, die die Künstler zu besonderen Werken inspiriere, sagt Museumsleiterin Anna Barkefeld. Der erste aufregende Schritt beginnt mit der Jagd nach dem Ei, erzählt die Kunsthistorikerin. Manche Künstler suchen die perfekte Eiform. Andere sagen: Bleib mir weg mit perfekt. Sie suchen das erste vielleicht noch verschrumpelte Ei einer Junghenne.

Während viele Stücke mit religiösen Motiven gestaltet sind, gibt es auch etliche mit witzigen Szenen. Da wird ein Straußenei zum ovalen Fußball, ein anderes ist mit einem Reißverschluss versehen. Eines der Klassiker unter den Kunstwerken ist das knallrot lackierte Cola-Dosen-Ei - inklusive Schriftzug und Original-Abziehlasche.

Ein Ei ist nicht zweidimensional wie eine Leinwand, das macht einen großen Reiz aus, sagt die Museumsleiterin. Denn anders als auf einer flachen Oberfläche ließe sich das komplette Werk auf einem runden Ei nicht auf einen Blick erfassen. Erst durch das Drehen kommen neue Details zum Vorschein, werden Geschichten erzählt.

Die Künstler haben Straußeneier genauso bemalt wie daumengroße Finkeneier. Die Stücke sind in verschiedenen Techniken verziert. Es gibt zum Beispiel bemalte, bestickte, geritzte, gebohrte, mit Märchenfiguren versehene oder mit Pferdehaaren, Stroh oder Papier beklebte Eier. Die Künstler arbeiten mit feinen Werkzeugen, malen, fräsen Muster oder kleben Scherenschnitte auf die Schalen.

Das Verzieren ist eine Kunst für sich - und eine wahre Sisyphus-Aufgabe. Das lerne man nur durch üben, üben, üben, sagt die Russin Tatjana Hailfinger aus Gönningen (Kreis Reutlingen). Die gelernte Miniatur-Lackmalerin ist eine der Künstlerinnen, die Exponate für die diesjährige Sonderschau Russische Schönheiten gestaltet haben. Eines ihrer Werke ist ein rotes Holz-Ei, dessen Maserung durchscheint. Das Motiv sind die Formen der Lebensspirale, verziert mit Swarovski-Steinen. 

Die russischen Werke sind häufig nicht aus Naturei, sondern aus Holz, Porzellan oder Keramik gefertigt. An meinem Pinsel ist immer etwas Gold, sagt Marina Mikowa. Die russische Künstlerin aus Tübingen stellt schon seit mehr als zwanzig Jahren im Ostereiermuseum aus. Auf den Eiern sind die landestypischen Matroschkas abgebildet, Märchenwelten, Vögel oder Blumen. Auf vielen sind auch religiöse Motive zu sehen - auf ihnen kommt der Nikolaus besser weg.

1993 wurde das kleine Museum in dem Luftkurort Sonnenbühl gegründet, um mehr Touristen auf die Alb zu locken. Heute hat die Ausstellung im alten Schulhaus einen internationalen Ruf. Künstler aus der ganzen Welt bieten besonders wertvolle Eier an oder fertigen ihre kleinen Kunstwerke im Auftrag des Museums. Rund 7000 Ostereier aus verschiedenen Epochen lagern im Archiv. Die Schau ist in diesem Jahr noch bis November geöffnet.

Öffnungszeiten:

Dienstag bis Samstag, 10 bis 17 Uhr

Sonntag und Feiertag, 11 bis 17 Uhr

Montags geschlossen

Ab 17. Mai bis 6. November 2016:

Sonntags 13 bis 17 Uhr

Museum