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Vater der brasilianischen Architektur-Moderne im Alter von 104 Jahren gestorben / Hunderte Bauten auf der ganzen Welt sind sein Erbe "Jahrhundertarchitekt" Niemeyer: Es bleiben die geschwungenen Kurven

07.12.2012, 01:16

Rio de Janeiro (dpa) l Die Architektur-Welt trauert um einen ihrer ganz Großen: Zehn Tage vor seinem 105. Geburtstag starb Oscar Niemeyer in einem Krankenhaus in Rio de Janeiro. Der Jahrhundert-Architekt und bekennende Kommunist stand bis ins hohe Alter täglich am Reißbrett.

Das UN-Gebäude in New York, die futuristischen Bauten der Retortenhauptstadt Brasília, das Interbau-Wohnhochhaus im Berliner Hansaviertel und die Zentrale der Kommunistischen Partei in Paris sind nur einige von Hunderten Werken, die er in der ganzen Welt schuf. Staatspräsidentin Dilma Rousseff würdigte ihn als großen Brasilianer: "Brasilien hat heute ein Genie verloren."

Niemeyer starb am Mittwochabend (Ortszeit), wie das Samaritano-Hospital in Rios Stadtteil Botafogo mitteilte, wo Niemeyer seit dem 2. November behandelt wurde. Er lag zuletzt im künstlichen Koma und wurde nur noch mit Hilfe von Geräten am Leben gehalten. Er starb begleitet von Familienangehörigen. "Die Familie war an seiner Seite", sagte der behandelnde Arzt Fernando Gjorup.

Der Leichnam Niemeyers sollte noch gestern nach einer Messe in Rio nach Brasília geflogen werden, wo er im "Palácio do Planalto", dem Präsidentensitz, aufgebahrt werden sollte. Auch diesen Bau entwarf Niemeyer Ende der 1950er Jahre. Die Beisetzung sollte heute auf dem "Cemitério São João Batista" in seiner Geburtsstadt Rio stattfinden.

Staatschefin Rousseff schrieb in einem Beileidsbrief: "Niemeyer war ein Revolutionär, der Mentor einer neuen Architektur, schön, logisch und wie er selbst sagte, erfinderisch." Der Gouverneur des Bundesstaates Rio, Sérgio Cabral, ordnete eine dreitägige Staatstrauer an, in Brasília gilt eine offizielle Trauer von sieben Tagen. Cabral bezeichnete Niemeyer als "Genie der Weltarchitektur". "Liebevoll im Umgang, fest in seinen Überzeugungen und vom brasilianischen Volk geliebt", so beschrieb er ihn.

Der Star-Architekt musste 2011 und 2012 immer wieder für mehrere Wochen im Krankenhaus behandelt werden. Bis ins hohe Alter arbeitete der Architekt in seinem Büro an der Copacabana in Rio. Als einen herben Rückschlag empfand Niemeyer 2011 die Nachricht über die Schließung des von ihm errichteten Kulturzentrums in der nordspanischen Stadt Avilés, das er einmal als sein "liebstes Projekt" beschrieb.