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Buch-Neuerscheinung Lindenbergs Lederjacke, Honeckers Schalmei

Hartmut König war Funktionär im DDR-Jugendverband - in einem Buch erinnert er sich an seine Begegnung mit Udo Lindenberg.

10.10.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Die DDR-Jugendorganisation FDJ (Freie Deutsche Jugend) hatte 1976 rund 2,2 Millionen Mitglieder. Das seien nahezu zwei Drittel aller Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren gewesen, schreibt der frühere Jugendfunktionär Hartmut König in seiner Autobiografie, die am Freitag in der Eulenspiegel-Verlagsgruppe erscheint. Am 14. Oktober wird König 70 Jahre alt.

Für junge Menschen habe es in der DDR viele Angebote gegeben. Der Jugendverband organisierte Talente-Ausscheide, Theatertage, Rockkonzerte, Poetenseminare und Liedersommer, wie der frühere Sekretär des Zentralrates der FDJ schreibt. Sollte da nichts hängengeblieben sein, was heute faire Anerkennung verdiene, fragt König in dem Buch mit dem Titel „Warten wir die Zukunft ab“.

Im Prolog zu dem Buch schreibt König, er habe Anteil an einer Politik gehabt, die am Ende wegen Entfernung vom Volk durch das Volk abgewählt wurde. An allem zu zweifeln, sei damals nicht seine Devise gewesen. „Du hast die Klüfte zwischen Ideal und Wirklichkeit mit Unvollkommenheit begründet, ... Kritik, die dir lähmend erschien, unterdrückt ...“, so der geborene Berliner zu sich selbst.

Der Liedermacher war Mitbegründer des Berliner Oktoberklubs, eines populären Singeklubs, in dem er über Jahre sang. Bekannt war in der DDR das von König komponierte und geschriebene Lied „Sag mir, wo du stehst“. Der gelernte Journalist war dann ab 1976 Sekretär des Zentralrates der FDJ, zunächst für internationale Beziehungen und dann für Kultur.

König berichtet in dem Buch auch, wie sich Udo Lindenberg selbst in die DDR eingeladen habe. Der Rocksänger habe im August 1983 an Erich Honecker geschrieben, dessen Folge Lindenbergs erstes Gastspiel in der DDR im Palast der Republik war – ohne öffentlichen Kartenverkauf, mit einem „politisch kalkulierbaren Publikum“.

Er habe, so König, im Auftrag von Egon Krenz die Sache verhandelt. Am Rande einer ersten Besprechung zu dem Konzert habe man dann in Ost-Berlin gar zusammen auf einem Herren-Klo gestanden, berichtet der Buchautor. Schon zuvor hatte Lindenberg mit seinem „Sonderzug nach Pankow“ für Aufregung in der DDR gesorgt. Und König plaudert, wie er den Antwortbrief für Honecker entwarf, nachdem Lindenberg dem SED-Partei und DDR-Staatschef eine Lederjacke geschickt hatte. „Natürlich ist das Äußere Geschmackssache, aber was die Jacke selbst betrifft: sie passt“, dichtete der FDJ-Funktionär. Der Brief endete so: „Übrigens, da Sie gelegentlich auf meine musikalische Vergangenheit zu sprechen kommen, schick ich Ihnen eine Schalmei. Viel Spaß beim Üben. Mit freundlichem Gruß Erich Honecker.“ Der habe das Schreiben abgesegnet, Lindenberg sei das Instrument überreicht worden.

1989 stieg König noch kurz zum stellvertretenden Kulturminister auf. Nach 1990 arbeitete er in einem Zeitungsverlag in Brandenburg. Der Ex-Funktionär lebt heute in der Gemeinde Panketal nahe Bernau.