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" Halbe Stunde – 60 Euro " : Die Kölner Kabarettistin Ruth Schiffer ist mit ihrem frechen und unterhaltsamen Soloprogramm am 22. Januar in der Magdeburger Zwickmühle. Kein unmoralisches Angebot

13.01.2011, 10:18

VITA
Ruth Schiffer, geb. 1962 in Köln, war mehrere Jahre beim Düsseldorfer Kommödchen tätig, bevor sie im Duo Schiffer / Beckmann von 1995 bis 2007 durch die Republik tourte. 2008 folgte ein Duoprogramm mit Lüder Wohlenberg zur Fußball-EM und dann 2009 der Sprung ins erste Solo.

Viele Jahre tourte die Kölnerin Ruth Schiffer im Duo als Schiffer / Beckmann. Seit drei Jahren ist sie nun erfolgreich solo unterwegs – und kommt immer wieder gern in die Magdeburger Zwickmühle. Am Sonnabend, dem 22. Januar, ist Ruth Schiffer dort mit ihrem neuen Bühnenprogramm " Halbe Stunde – 60 Euro " zu Gast. Der Biber sprach mit ihr über das Programm.

Biber : Der Programmtitel " Halbe Stunde – 60 Euro " erweckt Fantasien. Geht es darum, wonach es klingt ?

Ruth Schiffer : Es geht um eine sehr persönliche Dienstleistung, ja. Und ein guter Anwalt hebt zu diesem Tarif nicht mal den Bleistift.

Biber : Als Kabarettistin ein Programm über Prostitution zu machen – wie kommt man auf so eine Idee ?

Ruth Schiffer : Tatsächlich frage ich mich, wieso mir das nicht schon viel früher eingefallen ist. Es gibt ja keinen Beruf auf der Welt, in dem Frauen so flächendeckend werktätig sind und ebenso gründlich dafür diskriminiert werden, wie als Hure.

Biber : Sie bedienen offenbar äußerst unterhaltsam Kulturgeschichtliches. Welche Recherchen betrieben Sie denn in Vorbereitung des Programms ?

Ruth Schiffer : Es gibt geradezu verwirrend viel Material und Struktur zum Thema, von Lukians Hetärengesprächen bis zu sehr erheiternden Freierforen im Internet. Gewerkschaftliche Organisationen der Frauen sind ebenso üblich wie wohlmeinende Ausstiegsangebote. Bei genauer Betrachtung dreht sich ein gutes Stück Weltliteratur ums Gewerbe und ganze Verlage leben von dessen Kleinanzeigen. Überraschend komplex das alles ; zur persönlichen Inaugenscheinnahme habe ich dann meinen Mann geschickt.

Biber : Nach der Premiere schrieb eine Tageszeitung : " Das Publikum bekam viel : einen kabarettistischen Seitensprung ins horizontale Gewerbe. … erfrischend offen, ironisch und mit einem wunderbar weiblichen Blick auf die Dinge. 400 000 Jobs, 14, 5 Milliarden Umsatz bei 1, 2 Millionen Kunden am Tag. Das kann, so Schiffer, nicht allein ehrenamtlich bewältigt werden. " Ihre wirtschaftliche Betrachtungsweise ist also auch eine gesamtgesellschaftliche – und das von der Prähistorie bis zur heutigen Dienstleistungsgesellschaft ?

Ruth Schiffer : Wirtschaft ohne Gesellschaft, das geht eigentlich nicht, aber das Gewerbe scheint eine Art Paralleluniversum zu sein : Beschäftigte in der Größenordnung von Siemens machen einen Jahresumsatz wie Opel, aber keiner ist dabei gewesen, da ist doch Musik drin.

Biber : Brechen Sie eine Lanze für die Frauen oder führen Sie Männer vor ?

Ruth Schiffer : Der Puff ist ja quasi das Frauenhaus für Männer ; und viele Männer finden auch die Frauenbewegung gut, so lange sie schön rhythmisch ist. Der große Werner Finck hat mal gesagt : Wer sich getroffen fühlt, ist gemeint. Und : Der Humor fängt ja da an, wo der Spaß aufhört.

Biber : Sie sind selbst verheiratet. Wie viel Freizügigkeit und Offenheit tolerieren Sie denn für sich ?

Ruth Schif f er : Ic h h a lt e mich an Tatsachen : die Leibeigenschaft ist abgeschafft, Monokulturen veröden. Und mein Mann verfügt über genug Selbstbewusstsein, meine Witze auszuhalten.