Tatort-Kommissar Miroslav Nemec tritt morgen bei Magdeburger Domfestspielen auf "Mehr Partisanenfilme als Bibellektüre"
Seit mehr als 20 Jahren ermittelt Miroslav Nemec als Kommissar Ivo Batic im "Tatort". Der Schauspieler mit den jugoslawischen Wurzeln ist überdies ausgebildeter Musiker und Band-Frontmann. Morgen gestaltet er bei den Magdeburger Domfestspielen ein "Bibel-Fest". Manuela Bock sprach mit ihm.
Volksstimme: Sind Sie bibelfest?
Miroslav Nemec: Nein. Ich habe mehr Partisanenfilme gesehen, als die Bibel gelesen.
Volksstimme: Was werden Sie in Magdeburg präsentieren?
Nemec: Sehnsucht nach Gott, Gott ist die Liebe, Am Anfang war das Wort, das sind Themen, die ich mir aus der Bibel herausgreifen werde. Ich möchte Weltliches dagegensetzen von Nietzsche, Goethe, Jandl. Aber auch von mir Vertontes wie Rio-Reiser-Texte. Ich bringe einen Pianisten mit, der kirchliche Musik an der Orgel und am Flügel spielen wird. Die Bibel wird eine Rolle spielen, aber auch Dialektisches. Ich möchte nicht predigen, das machen andere. Ich möchte das Wort und Zusammenhänge begreiflich machen. Emotionen wecken. Ich möchte mit verschiedenen Stilmitteln und ausgehend von Bibeltexten, Brücken zu anderen Texten bauen und als Anregung für das Publikum das Wort in den Vordergrund stellen.
"Ich trenne die Kirche als Institution und den Glauben."
Ich finde, der kirchliche Raum ist auch dazu da, dass man herausgefordert wird, dass man aufmerksam wird, im besten Sinne zuhört und sich mit Inhalten auseinandersetzt.
Volksstimme: Kennen Sie den Magdeburger Dom?
Nemec: Leider nicht. Im Internet habe ich aber gesehen, dass er ganz toll aussieht. Und ich habe gehört, dass es dort eine wunderbare Orgel gibt. Die möchten wir am Anfang des Programms unbedingt einsetzen. Der Dom mit seiner speziellen Akustik wird sicher auch die Stille zwischen den Worten zur Wirkung kommen lassen.
Volksstimme: Wann haben Sie das letzte Mal in der Bibel geblättert?
Nemec: Vor ein paar Tagen. Das heißt, immer, wenn ich in einem Hotel sitze. Und ich weile oft in Hotels. Da liegt häufig das Neue Testament. Ich interessiere mich aber auch für das Alte Testament, es ist archaischer. In Jugoslawien hatte ich nicht viel mit der Bibel zu tun, meinen ersten Religionsunterricht und meine Erstkommunion bekam ich als Kind in Bayern.
Volksstimme: Beten Sie?
Nemec: Nein, das tue ich nicht, aber das hat nichts damit zu tun, dass ich nicht glaube. Ich trenne die Kirche als Institution und den Glauben.
Volksstimme: Sie verkörpern seit mehr als 20 Jahren den "Tatort"-Kommissar Ivo Batic. Werden Sie oft mit diesem Namen angesprochen?
Nemec: Inzwischen kennen die meisten Leute auch meinen richtigen Namen. Aber im Taxi, im Hotel oder auch im Urlaub heiße ich dann schon mal Herr Kommissar. In Kroatien war das jetzt so, dort waren viele Österreicher, Schweizer und Deutsche unterwegs, die mich als Tatort-Ermittler kannten.
Volksstimme: Nervt Sie das manchmal ein bisschen?
Nemec: Nicht unbedingt. Manche Menschen wissen einfach nicht, dass ich auch andere Sachen mache.
Volksstimme: Ist der Batic ein Teil von Ihnen?
Nemec: Ganz sicher ist er das. Ich habe ihn ja kreiert. Er kommt aus meiner Vita und aus meinem Naturell. Aber ist und bleibt natürlich trotz allem eine Rolle, eine Kunstfigur, die ich so nah wie möglich an mich heranziehen muss. Ich verhalte mich privat natürlich anders als der Batic.
"Oft sind sogar die Bösen die interessanteren Figuren."
Volksstimme: Wenn Sie kein Schauspieler geworden wären, welcher Beruf hätte Sie gereizt?
Nemec: Ich wäre gern Pianist geworden oder Rockstar. Ich habe mich auch mal mit dem Gedanken getragen, Zahnarzt oder Geigenbauer zu werden.
Volksstimme: Als Kommissar Batic sind Sie der Gute. Würde Sie es auch reizen, den Bösen zu spielen?
Nemec: In der ZDF-Reihe "Engel der Gerechtigkeit" spiele ich jetzt einen bösen Chirurgen. Natürlich spiele ich immer wieder gern andere Figuren. Oft sind sogar die Bösen die interessanteren Figuren.
Volksstimme: Welche Rolle würden Sie gern mal spielen?
Nemec: Früher wollte ich immer Huckleberry Finn sein. Dafür bin ich jetzt natürlich zu alt, aber die Richtung gefällt mir. Das ist einer, der sich nicht unbedingt in die Gesellschaft einfügt.
Volksstimme: Wenn Sie durch das Fernsehprogramm zappen, wo bleiben Sie hängen?
Nemec: Wir gucken nicht viel Fernsehen. Aber bei Kochsendungen bleibe ich hängen. Nicht bei diesen üblichen Sendungen, eher bei denen, wo Menschen gezeigt werden, die durch die Welt reisen und fremde Küchen vorstellen. Ich mag aber auch Dokumentationen und Nachrichtensendungen. Manchmal leihen wir uns DVDs aus, die wir uns gezielt ansehen.
Volksstimme: Sie sind im Februar wieder Papa geworden. Was summen Sie Ihrer Tochter vor?
Nemec: Sie sitzt - wie gestern - als wir für den Magdeburg-Auftritt geprobt haben, oft unter dem Klavier, robbt herum und hört alles, was wir hier musizieren. Oder ich nehme sie auf den Schoß und singe ihr etwas vor. Sie "entkommt" diesem musikalischen Haus sozusagen nicht.
"Musik ist meist gut, wenn ein inneres Anliegen in ihr steckt."
Volksstimme: Wann sagen Sie: "Das ist echte Musik"?
Nemec: Immer dann, wenn das Stück nicht automatisch in die Verwertungsmaschinerie gehört, also nicht nur dafür produziert wird, um verwertet zu werden. Musik ist meist gut, wenn ein inneres Anliegen in ihr steckt. Ich denke, man merkt, ob Musik einen Gehalt und eine Seele hat. Das kann quer durch alle Stilrichtungen gehen. Wenn ich mit meiner größeren Tochter "Deutschland sucht den Superstar" gucke, sind da auch manchmal echte Songs dabei. Mitunter merkt man dagegen eben, dass versucht wird, den kleinsten gemeinsamen Nenner des Publikumsgeschmacks zu treffen, um etwas zu verkaufen.