Zwei Genies "Meine Zeit mit Cézanne" auf DVD
Manchmal sind es nur Augenblicke, die das Leben verändern: Als der impulsive Paul dem Mitschüler Émile auf dem Schulhof bei einer Rauferei beisteht, ist sie gelegt, die Basis für eine Freundschaft, die 36 Jahre dauern wird.

Berlin (dpa) - In "Meine Zeit mit Cézanne" erzählt Regisseurin und Drehbuchautorin Danièle Thompson die an Konflikten reiche und doch so enge Freundschaft zwischen dem Schriftsteller Émile Zola und dem Maler Paul Cézanne, eine Geschichte von zwei Künstlern, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.
Zola, ein Kind italienischer Einwanderer und Halbwaise wird früh ein erfolgreicher Romanautor, wirtschaftlich unabhängig, vermögend, kurz ein wenig bourgeois. Cézanne hingegen, zwar aus wohlhabend-bürgerlichem Elternhaus, gibt den Bohemien par excellence: Die Provokation und der Eklat sind die ständigen Begleiter seiner labilen Persönlichkeit und so stößt er Freunde wie Publikum vor den Kopf, ungewollt zwar, aber zuverlässig.
Erfolg und künstlerische Anerkennung, sie bleiben ihm versagt; lange ist er auf die Zuwendungen seines Vaters angewiesen, mit dem sich er sich ebenfalls überwirft. Einzig Zola steht zu ihm, besucht ihn, vermittelt für ihn und stützt ihn, wenn der für den Erfolg so wichtige "Pariser Salon" die Ausstellung seiner Bilder wieder abgelehnt hat oder er in einem weiteren Wutanfall die eigenen Bilder zerstört.
1888, Médan bei Paris: Paul Cézanne besucht seinen Freund Émile Zola. In seinem letzten Roman hatte dieser einen scheiternden Maler porträtiert, einen Maler, abgelehnt von der Akademie der schönen Künste, scheiternd an sich selbst, am Ende nimmt er sich das Leben - nicht zufällig findet Cézanne zahlreiche Parallelen aus seiner eigenen Biografie in dem Buch wieder.
Von Natur aus selbstsüchtig, fühlt sich der Maler von seinem Freund, seinem einzigen Freund, nicht nur der Lächerlichkeit preisgegeben, er fühlt sich aufgegeben. Was als Aussprache gedacht war wird schnell zu einem Wortgefecht und bald zur offenen Auseinandersetzung: "Du hast einen Mord begangen, auf jeder Seite begegnet mir mein Tod." Nach dem Streit reist Cézanne ab, es ist das Ende ihrer Freundschaft.
Danièle Thompson ist eine geübte Drehbuchschreiberin, schon 1966 arbeitete sie mit am Script für "Die große Sause" (mit Luis de Funès und Bourvil), später am Buch für "La Boume" (mit Sophie Marceau). Und so inszeniert sie in ihrer sechsten Regiearbeit die Künstlerfreundschaft in Rückblenden als szenische Abfolge von Dialogen, sehr schön mit eindringlicher Kraft umgesetzt von Guillaume Gallienne ("Yves Saint Laurent" als Cézanne und Guillaume Canet ("The Beach"; "Last Night") als Zola.
Dabei bilden das malerische und literarische Schaffen, die Begegnung mit impressionistischen Zeitgenossen, die wirtschaftliche Bedeutung einer Ablehnung durch die Jury des Pariser Salons, die Pariser Kommune, ja selbst die Erfindung bereits fertig angemischter Ölfarben und am Ende dann auch das eigentliche Ringen um die Kunst eine nur beiläufig vorgespannte Folie für Thompsons - von Kameramann Jean-Marie Drujoux in wunderbare Bilder - übersetzte Erzählung.
Aber etwas anderes will "Meine Zeit mit Cézanne" auch gar nicht: Der Film gibt keinen Kunstunterricht und seziert nicht das Zeitalter und er will auch nicht zeigen, warum Zola wie Cézanne, jeder auf seinem Gebiet, Wegbereiter der Moderne waren. "Meine Zeit mit Cézanne" fokussiert nur eines: das Band zwischen zwei Genies, dass unverbrüchlich erscheint und doch so dünn ist, dass am Ende nichts bleibt als Schweigen.
Meine Zeit mit Cézanne - Frankreich 2016, 117 Minuten, FSK ab 0, von Danièle Thompson, mit Guillaume Gallienne, Guillaume Canet, Alice Pol auf DVD und Blu-ray mit Bonusmaterial (Erstauflage als Sonderedition im Schuber mit Booklet)
Website: Meine Zeit mit Cézanne
Trailer: Meine Zeit mit Cézanne


