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Die Band Pankow wird 30 Mit "Kille kille Pankow" wurden sie Stars in der DDR

19.09.2011, 04:40

Von Sophia-Caroline Kosel

Berlin (dpa). Vor dem Fall der Mauer waren die Musiker Stars in der DDR. Mit der Wiedervereinigung wurde es für die Band Pankow schwierig. Doch es gibt sie noch. Dieses Jahr feiert sie ihren 30. Geburtstag.

Sie gab einst im Jahr 60 bis 80 Konzerte. Sie stand auch außerhalb ihres Heimatlandes DDR auf der Bühne – etwa in Dänemark, Finnland und in Westdeutschland. Die Ost-Berliner Band Pankow war bekannt und beliebt und konnte gut von ihrer Arbeit leben – bis zum Fall der Mauer. 1998 wurde sie schließlich aufgelöst.

Seit 2004 gibt es Pankow wieder. In diesem Jahr feiern die Musiker um den Sänger André Herzberg und den Gitarristen Jürgen Ehle (beide 55) ihren 30. Geburtstag. Ein neues Album ist in Arbeit, eine kleine Tour zum Jahresende geplant. Aber: "Pankow ist kein Projekt mehr für den Alltag", sagt Ehle. Alle Musiker verdienen ihr Geld mit Solo-Projekten. Nur ab und an kommen sie als Band zusammen.

"Ich bin rumgerannt, so viel rumgerannt, es ist doch nichts passiert", sang Herzberg mit Pankow 1987 aus Frust über künstlerische und politische Stagnation im Lande. Bis heute hat diese Aussage für den Sänger mit dem schnoddrigen Berliner Dialekt Gültigkeit. Er sei grundsätzlich pessimistisch. "Pessimismus macht einen künstlerisch produktiver", sagt er dazu.

Der meist melancholisch wirkende 55-Jährige, der in den vergangenen Jahren unter anderem einen Tagebuchroman schrieb und das Puppenmusical "Das kalte Herz" verfasste, würde gerne mit Pankow noch einmal groß herauskommen. "Ich will, dass ein Lied unablässig im Radio gespielt wird und dass wir Fußballstadien füllen", sagt er.

Die Rockgruppe, die sich nach dem Berliner Bezirk benannte, in dem viele Regierungsmitglieder wohnten, war für die DDR-Jugend Inbegriff für Aufruhr und Widerstand. Ihre Texte vereinten Witz und Hintergründiges. Das erste Album – "Kille kille Pankow" (1983) – wurde 120000 Mal verkauft.

Eine Plattenproduktion zum Rockspektakel "Paule Panke" jedoch kam erst nach dem Fall der Mauer in die Läden. Für Amiga, die einzige DDR-Schallplattenfirma für Rockmusik, waren die Geschichten um den Lehrling Paule, der sich durch den sozialistischen Alltag kämpft, "nicht realistisch".

Nach dem Mauerfall keine Exoten mehr

Doch trotz aller Hürden in der DDR: Im ummauerten Terrain hatten die Musiker ihren festen Platz in der Musiklandschaft, durften sogar regelmäßig "im Westen" auftreten und bekamen begehrte Westmark. "Nach dem Mauerfall hatten wir im Westen unseren Exotenstatus verloren", sagt Ehle. "Jetzt geben wir dort keine Konzerte mehr."

Der Gitarrist und Texter komponiert nun Film- und Theatermusik. Zudem ist er mit seiner Partnerin Scarlett O‘ auf Tour; mit einem gemeinsamen Liederprogramm. "Ich kann zum Glück vom Musikmachen leben und fühle mich privilegiert", sagt Ehle, der ebenso wie Herzberg im Bezirk Pankow lebt.

Beim vormittäglichen Interview in einem Café in dem namensgebenden Bezirk wirken Herzberg und Ehle bodenständig. Sie kommen beide auf die Minute pünktlich, bestellen nichtalkoholische Getränke – Tonic und Wasser mit Zitrone – rauchen nicht. Von Star-Allüren keine Spur.

Gemeinsam mit dem Schlagzeuger Stefan Dohanetz (49), dem Keyboarder Andreas Dziuk (47) und dem Bassisten Ingo York (50) arbeiten die beiden Pankow-Frontmänner derzeit am zehnten Studio-Album der Gruppe. "Musikalisch bietet es das, was die Band schon immer ausgemacht hat. Wir schreiben Songs auf Deutsch, die mit unserer Identität zu tun haben", beschreibt Herzberg. "Es ist eine ganze Menge Zeitgeist eingeflossen – und weniger Beziehungskisten", ergänzt Ehle.