DDR-Produktdesign Museum gibt Einblick ins Oeuvre von Clauss Dietel
Karl Clauss Dietel hat vielen Alltagsgegenständen im Osten ihre Form gegeben. Heute gilt er als bedeutendster Produktdesigner der DDR. Eine Ausstellung in Chemnitz gewährt Einblicke in sein Schaffen.

Chemnitz - Von der Schreibmaschine Erika bis zum Radio mit Kugellautsprechern, vom legendären Moped Simson S50 bis zum Strickautomat: Karl Clauss Dietel hat im Osten Design-Geschichte geschrieben. Und die Fan-Gemeinde einiger dieser Produkte ist bis heute groß.
2019 hat der in Chemnitz lebende Gestalter seinen Vorlass der dortigen Kunstsammlung übergeben - mehr als 8000 Positionen. Einen Ausschnitt diese Oeuvres zeigt das Museum nun in einer Ausstellung unter dem Titel „simson, diamant, erika - Formgestaltung von Karl Clauss Dietel“. Sie wird am Samstagabend eröffnet.
Zu sehen sind nicht nur die Entwürfe, die es zur Serienreife gebracht haben. Die Schau gibt auch Einblicke zu ambitionierten Gestaltungen, die in der DDR-Planwirtschaft letztlich nicht verwirklicht wurden. Etwa seine Arbeiten für ein Nachfolgemodell des Trabant 601 und das Kleinwagenmodell DRX, das durch große Fenster, viel Platz im Innenraum und einem langen Radstand besticht.
Entwürfe für Kraftfahrzeuge haben in Dietels Schaffen die größte Rolle gespielt, wie Kuratorin Antje Neumann-Golle erläutert. Das zeigen schon die Entwürfe zu seiner Diplomarbeit an der Hochschule für angewandte Kunst in Berlin-Weißensee zu einem Mittelklassewagen mit Steilheck. Das meiste davon ist aber nie in Serie gegangen. „Er ist der tragische Held des DDR-Automobilbaus.“ Immerhin lieferte er den Grundentwurf zum Wartburg 353, der modifiziert umgesetzt wurde. Erfolgreicher war er bei Zweirädern wie dem Moped S50 aus Suhl und dem Motorrad ETZ 150 der Motorradwerke Zschopau.
Anhand von Skizzen, Modellen aus Gips, Holz oder Schaumstoff, Fotografien bis hin zum fertigen Serienprodukt werden verschiedene Etappen im Gestaltungsprozess nachvollziehbar. Vieles entstand in Zusammenarbeit mit Lutz Rudolph (1936-2011). Beide seien „kongeniale Partner“ gewesen, betont Neumann-Golle.
Charakteristisch für die Entwürfe ist das „offene Prinzip“. Dabei bilden die einzelnen Elemente klar getrennte Einheiten. Das hatte nebenbei den Vorteil, dass Nutzer mit wenig Aufwand technische Veränderungen und Reparaturen vornehmen konnten, wie es sich etwa bei den bis heute beliebten Simson-Mopeds zeigt. Weitere Leitlinien seiner Gestaltung hat Dietel in den „fünf L“ zusammengefasst: langlebig, leicht, lütt (klein), lebensfreundlich und leise.
Zum Produktgestalter wurde Dietel auf Umwegen. Zunächst lernte er Maschinenschlosser und ging nach der Lehre an die Ingenieurschule für Kraftfahrzeugbau in Zwickau; später studierte er an der Kunsthochschule in Berlin. Heute gilt der 86-Jährige als bedeutendster Designer der DDR. 2014 wurde er für sein Lebenswerk mit dem Designpreis der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Dietels Wirken war mit der Wiedervereinigung nicht zu Ende, wie in der Ausstellung ebenfalls zu sehen ist. Davon zeugen etwa ein Multifunktionstelefon für Philips und Elektrofahrräder aus dem Hause Diamant aus den frühen 1990er Jahren. Die Ausstellung ist bis 3. Oktober in den Kunstsammlungen Chemnitz zu sehen.