"Die Last Night" bei den Wernigeröder Schlossfestspielen ist noch nicht der Schlusspunkt Musikalität bis zum eruptiven Ausbruch
In der "Last Night" der 17. Wernigeröder Schlossfestspiele setzte das Philharmonische Kammerorchester einen weiteren Glanzpunkt - diesmal mit drei fantastischen Instrumentalsolistinnen.
Wernigerode l Das Konzert steht eigentlich zum Abschluss des in diesem Jahr besonders reichhaltigen und mit Rossinis Märchenoper "La Cenerentola" künstlerisch überaus überzeugenden Inszenierung des Musikfestivals. Alles, was hier geschah, wurde von dem 22-köpfigen Orchesterchen unter Leitung von Musikdirektor Christian Fitzner ganz allein gestemmt! 2012 aber geht es nach der "Letzten Nacht" noch weiter: am 28. August mit einem exquisiten Orgel-Harfen-Konzert und am 1. und 2. September mit der Opern-Kurzfassung für Kinder.
Fitzner gönnte sich und dem Publikum auf Schloss Wernigerode die Freude an sattem sinfonischem Klang. Das Orchester wuchs mit über 40 Musikern auf das Doppelte.
Einleitend ein Trommelwirbel für die musikalische Reverenz an Meister Rossini - mit der Ouvertüre zur Oper "Die diebische Elster". Blitzsaubere Bläsersätze erfreuten das Ohr, fein hingetupfte Motive und die Leidenschaftlichkeit des Komponisten wie der Musiker offenbarten in nuce das Programm des Abends: große Spannbreite von kammermusikalischer Intensität bis zum eruptiven Ausbruch mit Filmsinfonik. Als erste der drei starken Frauen die Soloflötistin Barbara Toppel mit Frédéric Chopins Variationen E-Dur über das Thema "Non più mesta" aus "La Cenerentola". Wie so vieles schrieb aber der Tastenvirtuose Chopin seine Variationen für Klavier und Flöte - ergo arrangierte Frau Toppel die Streicher des Orchesters als Begleitung.
Auf diesem Fundament jubelte und klagte sie mit italienischem Feuer und polnischer Melancholie. Wie im Koloraturgesang der Oper ging es schnell und schneller zur Sache, die flinken Finger flitzten über die Klappen - einfach bravourös!
Es folgte die international erfolgreiche Gitarristin Katrin Klingeberg mit der "Fantasia para un gentilhomme" von Joaquin Rodrigo (1901-1999). Ein Werk von fast renaissanceartiger Klarheit.
Die Solistin brachte ihre Gitarre zum Singen
Im zweiten Konzertteil spielte Klingeberg dann aus Rodrigos "Concerto de Aranjuez" das Adagio. Ein geniales Stück Gitarrenliteratur. Hier der zarte meditative Klang der Solistin, dort die große Orchesterbesetzung - Fitzner balancierte das "Concerto" fein aus. Klingeberg verlockte mit spanischem Flair, sie brachte ihre Gitarre zum Singen, und das Orchester folgte ihr mit größer Sensibilität und Klarheit - einfach hinreißend.
Dann die gleichfalls international renommierte Solistin Martina Weidner mit der Romanze für Viola und Orchester F-Dur aus dem letzten Lebensjahrzehnt von Max Bruch (1838-1920). Wer einmal den Viola-Star Nils Mönkemeyer hat spielen gehört, der weiß, welche Faszination von der Bratsche als Soloinstrument ausgeht. Auch bei Weidner: Noblesse in allen Tonlagen, ein blühender, singender Ton, ein Schmelz wie ein Praliné - zauberhaft.
Im zweiten Teil zelebrierte Fitzner vorwiegend Filmmusik-Klassiker - ein Fest vor allem für das umfangreiche Schlagwerk und die Bläserfraktion. Howard Shores "Herr der Ringe", Klaus Badelts "Piraten der Karibik", John Williams "Harry Potter" und vor allem James Horners Musik aus "Titanic" mit der irischen Flöte projizierten großes Kopf-Kino. Elgars traditionell abschließender Marsch "Pomp And Circumstance" signalisierte das Ende der "Last Night", nicht aber der 17. Schlossfestspiele.