1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Jede Menge Psycho beim Magdeburger Fall

Polizeiruf Jede Menge Psycho beim Magdeburger Fall

Die beiden Magdeburger „Polizeiruf 110“-Kommissare Brasch und Köhler ermitteln wieder.

Von Grit Warnat 24.03.2018, 01:00

Magdeburg l Jede Menge Psycho gibt es im aktuellen "Polizeiruf 110" aus Magdeburg. Er ist am Sonntag (20.15 Uhr, ARD) zu sehen.

Kurz erzählen kann man sie nicht, die Story ist ein Geflecht aus persönlichen und beruflichen Abhängigkeiten. Nur so viel: Der Film (Regie führte die krimierfahrene Maris Pfeiffer) beginnt mit einem Mordanschlag auf einen Bauunternehmer. „Erfolgreiche Leute haben immer Neider“, meint der kühl. Vor allem aber hat er Feinde: Konkurrenten, rausgeschmissene Arbeitnehmer, und zur Familie gibt es nicht nur nette Verbindungen. Es gibt mehrere Tatverdächtige, einer stellt sich sogar. Ist er wirklich der Täter? Die Suche geht weiter – bis zum Schluss des Filmes.

Das Team ist kein Team. Hauptkommissarin Brasch (Claudia Michelsen, 49) ist wie immer im Fluchtmodus und auf der Überholspur. Direkt, kantig, aneckend. Sie pafft, trinkt Bier und Schnaps und poltert schon mal „ausgewachsenes Arschloch“, während Hauptkommissar Köhler (Matthias Matschke, 49) mit seiner Frau, der Dompredigerin, mit einem guten Wein anstößt. Er grüßt vom Dom, sie küsst in der Disko. Auch wenn Kriminalrat Uwe Lemp (Felix Vörtler) ausdrücklich „keine Alleingänge“ fordert und das Team beschwört, macht wie gehabt jeder sein Ding.

Und weil beide ein Problem miteinander haben, kommt erstmals Polizeipsychologe Niklas Wilke (Steven Scharf) ins Spiel. Er soll teambildend wirken. Während Köhler merkt, dass er ein Problem mit sich selbst hat, bändelt Wilke mit der anfangs ihn abweisenden Einzelgängerin Brasch schließlich doch noch an. Der Neue tut dem verfahrenen Ermittler-Dauerclinch gut. Vörtler kündigt schon mal an: „Er wird jetzt regelmäßig bei uns zu Gast sein.“

Die gewohnt schauspielerisch bestens aufgelegten Michelsen, Matschke und Vörtler sind ohne Zweifel die Stärke des Films. Stark auch Thomas Loibl, der den unsympathischen Bauunternehmer Ottmann spielt, und dessen zurückhaltende Film-Schwägerin Susan Dietrich, gespielt von Ursina Lardi. Zudem läuft die Handlung zügig und ist gespickt mit Ängsten, Verrat, Lügen. Immer mehr mutiert dieser Film zum Drama mit jeder Menge Lebenskrisen und gestörten Beziehungen.

Es sind eben diese Lebenskrisen, die in den 90 Minuten zu massiv auf den Zuschauer niederprasseln. Schlaganfall, tragischer Ski-Unfalltod, Raubüberfall, Angst vor Lungenkrebs, OP, zerrüttete Familie, Affäre, geklaute Dienstwaffe. Angesichts der vielen Nebenschauplätze ist es nicht immer leicht, der eigentlichen Krimihandlung zu folgen.

Der Magdeburger Stadtteil Werder steht bei den „Polizeiruf“-Location-Scouts ganz oben. Die Villa, in der jetzt Bauunternehmer Ottmann residiert, war schon einmal Drehort. Auch in der Zollstraße mit Blicken über die Elbe und im Theater an der Angel wurde bereits in vorherigen Folgen gedreht. Zudem gibt‘s tolle Blicke vom Magdeburger Dom und dem Volksstimme-Hochhaus in der Bahnhofstraße.

An melancholischen Momenten mangelt es diesem „Polizeiruf“ wahrlich nicht. Wem jede Menge Psychologie und Zerrüttetsein zur abendlichen Stunde nicht auf den Magen schlägt, sollte einschalten. Der Zuschauer darf miträtseln, warum der ursprüngliche Arbeitstitel „Starke Schultern“ beibehalten wurde. Der erschließt sich nun wirklich nicht.