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Promi-Geburtstag vom 30. August 2016: Rudi Gutendorf

Rudi Gutendorf hat fast so viele Trainerstationen wie Oberligaspiele hinter sich. Auf Schalke und Hamburg folgten Tonga, Tansania, Nepal und Fidschi. Selbst im hohen Alter nimmt sich der Weltenbummler noch nicht zurück und übt harsche Kritik an seinen Nachfolgern.

Von Patrick Reichardt, dpa 29.08.2016, 23:01
Weltenbummler Rudi Gutendorf wird 90. Foto: Thomas Frey
Weltenbummler Rudi Gutendorf wird 90. Foto: Thomas Frey dpa

Koblenz (dpa) - Auf seiner Reise durch die ganze Welt ist der Fußball für Rudi Gutendorf immer die Nummer eins gewesen. Ich habe mein ganzes Leben nichts anderes gemacht als Fußball. Das ist mein Beruf geworden, und ich liebe diesen Job, hat Gutendorf einmal gesagt.

Eine standardmäßige Trainerkarriere in Deutschland wurde dem gebürtigen Koblenzer schnell zu langweilig. An diesem Dienstag wird der Weltenbummler 90 Jahre alt.

Gutendorf eroberte nach Europa auch die Kontinente Amerika, Afrika, Ozeanien und Asien. Mit insgesamt 55 Trainerjobs sicherte er sich nicht nur die Anerkennung seiner Kollegen, sondern auch einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde für die meisten internationalen Trainerstationen. 

Mit dem Fußball um die Welt nannte Gutendorf daher auch sein Buch, das er im Jahr 2002 veröffentlichte - unmittelbar bevor er noch einmal die Nationalmannschaft von Samoa übernahm.

Gutendorf, den der ehemalige FIFA-Präsident Joseph Blatter einst als Fußball-Aufbauhelfer bezeichnete, hat auch im hohen Alter nicht seine Leidenschaft und Motivation für den Fußball verloren. Noch im Vorjahr, als 88-Jähriger, hatte er erklärt, er könne sich eine Beratertätigkeit in der Bundesliga durchaus noch vorstellen.

Mit 85 Jahren bot er sich dem MSV Duisburg gar als Trainer in der 2. Bundesliga an - sein Angebot wurde aber abgewiesen. Auch als Ratgeber trat der Trainer-Routinier weiter auf und nahm dabei keine Rücksicht auf dekorierte Coaches der heutigen Zeit. So rügte er den ehemaligen Bayern-Coach Pep Guardiola für dessen ständige Rotationen und bescheinigte ihm, er habe beim Champions-League-Aus gegen Real Madrid 2014 ganz große Scheiße gebaut.

Nachdem Rechtsaußen Gutendorf als Spieler nie über die Oberliga hinaus gekommen war, wurde er als Trainer bekannt - und machte sich bei den Nationalverbänden kleiner Länder einen guten Ruf. Vor Samoa hatte der Trainer unter anderen die Nationalteams aus Bermuda, Botswana, Grenada, Nepal sowie Trinidad und Tobago betreut.

Mit Chile war Gutendorf, früher wegen seiner Defensivtaktik Riegel-Rudi genannt, auf dem Weg zur WM-Qualifikation 1974 und damit dem größten Erfolg seiner Laufbahn als Coach. Wegen des Militärputsches in dem südamerikanischen Staat musste der Koblenzer das Land verlassen, er sprach später von Todesangst und bilanzierte gegenüber 11Freunde: Zweimal in meinem Leben stand ich knapp davor, eine WM zu erreichen, aber es blieb mir immer verwehrt. In Chile wegen der Politik und in Afrika aufgrund der Raffgier.

Gutendorf meinte das Jahr 1982, als er ein Angebot bekam, Kamerun bei der Weltmeisterschaft zu betreuen. Seine Zusage wollte er per Post aus Tansania schicken, wo der Weltenbummler gerade tätig war. Doch der Postbote habe die 72 Dollar selbst eingesteckt, wie Gutendorf im Nachhinein erzählt. So blieb die Zusammenarbeit aus. Doch auch ohne eine WM-Teilnahme wurde der Trainer später mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt - er habe das Ansehen Deutschlands in hervorragender Weise gefördert.