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Kleist-Ausstellung im Literaturhaus Magdeburg "Souverän des eigenen Daseins"

Von Claudia Klupsch 23.09.2010, 04:13

Im kommenden Jahr jährt sich der Todestag Heinrich von Kleists das 200. Mal. Im Gedenkjahr würdigen Projekte insbesondere an Kleist-Orten in Brandenburg und Berlin den großen deutschen Dichter. Die Ausstellung des Kleist-Museums Frankfurt/Oder "Heinrich von Kleist auf Reisen" ist noch bis zum 1. Oktober im Literaturhaus Magdeburg zu sehen.

Magdeburg. Schautafeln zeichnen Reise-Stationen des Dichters nach, berichten von seinen Eindrücken, ordnen Leben und Schaffen in historische Zusammenhänge ein, zeigen Begegnungen mit wichtigen Zeitgenossen.

Der Druck, erfolgreich zu sein, muss für den 1777 in einer preußischen Adelsfamilie Geborenen gewaltig gewesen sein. Im Stammbaum finden sich Marschälle und Generäle, Dichter und Wissenschaftler. Doch in seinem Leben gibt es immer wieder Brüche und Krisen: Militärlaufbahn abgebrochen, das Studium auch, nur wenige Jahre im preußischen Staatsdienst, Scheitern als Journalist. Seinen "Platz auf dieser Erde" könne er nicht finden, klagt er. Seine Biografen zeichnen das Bild eines "komischen Kauzes", immer finanziell klamm, kränkelnd und schwermütig. In einer Zeit von Wirren und Umstürzen sucht er zeitlebens, einen "Lebensplan" zu verwirklichen und "Souverän des eigenen Daseins" zu sein.

Suchend, flüchtend, wandernd. Unrast bestimmt Kleists Leben. Seine Reisen durch Europa sind oftmals spontan, die Absichten unklar, manchmal von Geheimnissen umwittert. Eine der Schautafeln erzählt von der rätselhaften Reise nach Würzburg. Bis heute ist unklar, was Kleist dort trieb.

In Dresden begeistern ihn die "gehäuften Werke der Kunst", bei deren Genuss man "den Verstand nicht braucht". Vom Moloch der Großstadt Paris ist der Freund französischer Literatur und Philosophie geschockt und flieht alsbald in die Schweizer Idylle. Hier will er ein Gut kaufen und fortan als Bauer leben. Doch nicht nur seine kargen Geldmittel, sondern vor allem die unruhigen Verhältnisse im Europa unter Napoleons Hegemonialstreben machen den Plan zunichte.

Zu Lebzeiten blieb ihm der Ruhm versagt

Die kleine Ausstellung in Magdeburg versteht es gut, mit Dokumenten, Bildern und Erklärungen die Lebenssituation des Dichters und historische Ereignisse zu verknüpfen. Informationen liefern Kleists Briefe und Berichte von Gefährten.

Der Bogen zum dichterischen Werk fehlt nicht. Die Inspiration für den "Zerbrochenen Krug" etwa bekommt Kleist von einem Bild, das er in der Schweiz betrachtet. Die Ausstellung vernachlässigt den Verweis, wie schwer es Kleist mit sich gehabt haben muss. Misserfolge, Versagensängste, Selbstmordgedanken. Es ist innere Ruhelosigkeit, die ihn immer wieder auf (Lebens)Reisen schickt. Weitere Stationen sind beispielsweise Italien, Weimar, Königsberg, Prag und Berlin.

Es passt zum unsteten Leben des Heinrich von Kleist, dass ihm der Ruhm zu Lebzeiten versagt bleibt. Sich gescheitert wähnend, geht er gemeinsam mit der schwerkranken Henriette Vogel am 21. November 1811 in den Freitod. Auch davon erzählt die Ausstellung.

Dass Kleist bis heute zu den meistgespielten Autoren an den Theatern zählt, spricht für seine Klasse. Ein Blick in Spielpläne 2010/2011: "Michael Kohlhaas" in Magdeburg, "Die Familie Schroffenstein" in Potsdam, "Der zerbrochene Krug" in Berlin ...

"Nun, o Unsterblichkeit, bist du ganz mein", lautet die Inschrift an Kleists Grabstelle am Kleinen Wannsee.