Plädoyer einer Mutter Theater Mainz bringt Thema Terrorismus auf die Bühne
Theater kann den Gedanken eines Menschen nachspüren, seine Emotionen nachgehen - ganz anders als Journalismus das vermag. Deswegen nimmt sich das Mainzer Theater nun eines Themas an, das sonst in den Medien präsent ist: Terror.
Mainz (dpa) - Das Staatstheater Mainz bringt islamistischen Terrorismus auf die Bühne. In "Gas - Plädoyer einer verurteilten Mutter" spricht die Mutter eines Dschihadisten, der bei einem Giftgasanschlag in der U-Bahn 184 Menschen getötet hat.
Der Regisseur Daniel Foerster findet, nicht nur Medien und Politik, sondern auch Theater solle sich des Themas annehmen. "Wenn man sich mit Radikalisierung beschäftigt, dann merkt man: Terror ist kein militärisches Problem, sondern ein gesellschaftliches."
Einige andere Häuser in Deutschland haben den Terror des sogenannten Islamischen Staates (IS) schon als Bühnenthema umgesetzt. Die Münchner Kammerspiele zeigten "Wut" von Elfriede Jelinek, das mit der Stimme von Jesse Hughes beginnt - dem Frontmann der Band Eagles of Death Metal, die im Pariser Musikclub Bataclan auf der Bühne stand, als Terroristen hereinstürmten. Das Junge Theater Hof zeichnete den Weg nach, den junge Salafisten aus Deutschland nach Syrien gehen. Das Schauspiel Stuttgart wagte sogar ein ganzes Festival mit dem Titel "Terrorismus".
"Das ist kein massentaugliches Thema", weiß Klaus Dörr, Künstlerischer Direktor des Schauspiels Stuttgart. Das Schauspielhaus sei während des Festivals zum Teil nicht ausgelastet gewesen. Die Zuschauer seien vielleicht übersättigt, weil sie derzeit über viele Kanäle mit dem Thema konfrontiert würden. Trotzdem komme der Terror weiter auf seine Bühne. "Wir bekommen 80 Prozent Steuermittel - genau damit wir eben interessante, gesellschaftlich relevante Projekte gestalten."
Das Problem eines möglicherweise halb leeren Saals wird sich in Mainz nicht stellen: Die Schauspielerin Andrea Quirbach verkörpert die Mutter nicht im Theater selbst, sondern in einem alten Supermarkt im Rhein-Selz-Park in Nierstein. Der abgeschiedene, verwahrloste Ort passe gut, findet die Dramaturgin Malin Nagel. "Die Mutter kann nicht an jedem Ort darüber reden, dass sie die Mutter eines Massenmörders, eines Attentäters ist. Es gibt eine Scham, sie kann sich nicht überall mitteilen." Der Supermarkt sieht laut Foerster so aus, als sei im Raum eine Bombe hochgegangen.
Der Regisseur findet, es sollten mehr Stücke über Radikalisierung geschrieben und gezeigt werden. "Manchmal denke ich: Der Schritt, Neonazi zu werden, funktioniert in der Funktionsweise ähnlich. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, Jugendliche nicht erst in eine solche Situation kommen zu lassen, dass sie sich in einer Opferrolle definieren." Es gebe kein Thema, dessen sich Theater nicht annehmen sollte. "Es kommt darauf an, wie man damit umgeht."