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Theaterverträge Es geht um Millionen

Für die Theater und Orchester in Sachsen-Anhalt wird es 2018 spannend. Neue Theaterverträge müssen verhandelt werden.

Von Grit Warnat 19.02.2018, 00:01

Magdeburg l Eines vorweg: Die Theater- und Orchesterlandschaft in Sachsen-Anhalt soll sich nicht verändern. Kulturminister Rainer Robra (CDU) hält an den derzeitigen Strukturen fest. „Wir setzen auf Vernetzung und Kooperationen“, sagte er. „Ich will in dieser Legislaturperiode keine Strukturdebatte.“

Vor allem der Theaterchef in Halberstadt wird das gern hören. Vor fünf Jahren noch bastelten die Theater in Halberstadt und Eisleben trotz der räumlichen Entfernung notgedrungen an Plänen für eine Fusionierung. Doch dann sollte die Landesbühne Eisleben bei den damaligen Theaterverhandlungen unter Ex-Kultus-Chef Stephan Dorgerloh sogar ganz abgewickelt werden. Robra unterstreicht, dass seit dem Landeshaushalt 2017/18 das Theater Eisleben sogar wieder in das Theaterbudget des Landes zurückgekehrt sei. Und die in den zurückliegenden Jahren immer mal wieder aufkeimende Diskussion um eine Zusammenlegung der Wernigeröder Philharmonie mit dem Halberstädter Orchester sei kein Thema.

Bei den Gesprächen in den kommenden Monaten geht es also vielmehr ums auskömmliche Finanzieren. Leichtes Verhandeln wird es trotzdem nicht, schließlich geht es um Millionenzuschüsse vom Land. Trotzdem gibt sich Robra mit Blick auf die Theaterverhandlungen „relativ entspannt“.

„Die Bäume werden nicht in den Himmel wachsen“, sagt der Kulturchef. „Aber die Theater und Orchester werden stabil finanziert.“ Mit rund 32,4 Millionen Euro unterstützt das Land allein in diesem Jahr die Arbeit an den Theatern und Orchestern. Die mit Abstand größten Posten bekommen dabei die größten Häuser. Das sind Magdeburg und Halle mit jeweils knapp unter zehn Millionen Euro jährlich.

Der größte Problemfall für das Ministerium dürfte Halle werden. Schon der aktuelle Betrieb läuft mit Defiziten. 1,7 Millionen Euro standen im vergangenen Jahr bei der Theater, Oper und Orchester GmbH (TOO) zu Buche. Da wollte die TOO zwischenzeitlich sogar einen neuen Theatervertrag aushandeln. „Es muss eine ganze Reihe von Fragen geklärt werden“, sagt Robra mit Blick auf Halle. Er meint da auch den bereits im laufenden Vertrag vereinbarten Personalabbau vor allem im Orchester.

Und an den restlichen Häusern? „Für die Theater Magdeburg, Dessau, Stendal, Naumburg, Eisleben sowie das Halberstädter Haus sehe ich keine grundlegenden Probleme.“

Die derzeitigen Verträge laufen seit 2013. In der Zeit hat sich vieles verteuert – vor allem das Personal. Knackpunkt für die Theater sind immer wieder Tarifsteigerungen. Mit den noch bis Ende des Jahres gültigen Theaterverträgen hatte sich das Land erstmals an einer sogenannten Dynamisierung beteiligt, um eben steigende Personalkosten aufzufangen. Es sind jährlich zwei Prozent vereinbart. „Dabei soll es aus meiner Sicht auch bleiben“, sagt Robra. Problem für die kommunalen Träger: Wenn tariflich mehr ausgehandelt wird, haben sie das auszugleichen. Einige Theaterchefs favorisieren deshalb eine Fifty-Fifty-Regelung. Da will das Land aber nicht mitgehen.

Das Zahlen nach Tarif ist für einige Ensembles im Land ohnehin ein Wolkenkuckucksheim, eine nette Vorstellung, die nicht realisiert werden kann. Das Nordharzer Städtebundtheater und beide eigenständigen Orchester haben einen Haustarif, weil alles andere für sie nicht zu stemmen ist. Nun ist aber vor Jahren der politische Wille festgeschrieben worden, dass am 1. Januar 2019 nicht mehr nach Haustarif bezahlt werden dürfe.

Das Land wird ganz sicher nicht an diesem einst vereinbarten politischen Willen festhalten. Es will vielmehr sozial vertretbare Haustarife akzeptieren. „Wenn wir als Land sagen, wir fördern nur, wenn ihr Tarife zahlt, und wir selbst nicht in der Lage sind, das auszufinanzieren, dann geht mehr kaputt als gewonnen werden kann“, sagt Robra. „Vorschreiben kann ich das förderpolitisch nicht.“

Halberstadts Intendant Johannes Rieger hatte vor einigen Wochen bereits gesagt, dass der Einstieg in die gültigen Tarife (es gibt verschiedene für die Mitarbeiter der Bühne, des Orchesters, der Verwaltung) ohne Finanzhilfe vom Land nicht zu stemmen sei. An seinem Haus wurde der Gehaltsverzicht des Personals von Jahr zu Jahr zwar minimiert, aber da klafft in diesem Jahr immer noch eine Lücke von zwei Prozent. Und neuerliche Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst zum Beispiel stehen erst noch an.

In Schönebeck bei der dort ansässigen Mitteldeutschen Kammerphilharmonie liegt man aktuell bei 82 Prozent vom Flächentarif – und der Abstand wird definitiv nicht kleiner, wenn die Deutsche Orchestervereinigung wieder neue Zahlen aushandeln wird.

Auch Karen Stone, die Generalintendantin des Theaters Magdeburg, hatte vor Wochen bereits geäußert, dass mit dem Land über höhere Zuschüsse verhandelt werden müsse. Ihr Vier-Sparten-Haus hat 440 Mitarbeiter. Etwas mehr als 24 Millionen Euro betrugen die Personalkosten im vergangenen Jahr. Einen Haustarif gibt es seit 2010 nicht mehr. Trotzdem sind die Gehaltszustände für Tänzer, Schauspieler, Sänger weit entfernt vom Auskömmlichen.

Magdeburger Schauspieler mit ihrem Normalvertrag (NV) Bühne haben erst jüngst auf ihre schlechten Gehälter im Magdeburger Stadtrat aufmerksam gemacht. Dieser NV Bühne gilt auch an anderen Häusern. Er ist mit seinen Gagen und befristeten Anstellungen äußerst arbeitgeberfreundlich.

Außerhalb der Verträge für die institutionelle Förderung, so schwebt es dem Minister vor, sollen spezielle Projekte an den Häusern gefördert werden. Vor allem die beiden Puppentheater im Land – Magdeburg und Halle gehören deutschlandweit mit ihrem Repertoire zu den Spitzenhäusern – sollen beispielsweise für ihre Leistungen solche projektbezogenen Förderungen erhalten. Robra, gleichzeitig auch Europaminister, schaut mit einem Auge immer auch auf Internationalität und nennt diesbezüglich als positives Beispiel das alle zwei Jahre stattfindende Internationale Figurentheaterfestival des Puppentheaters Magdeburg.

Erste Gespräche zu den Verträgen sind angelaufen. Noch drängt die Zeit nicht. Die Haushaltsberatungen finden ab August, September im Landtag statt. Spätestens Ende des Jahres müssen die neuen Verträge unterzeichnet sein. Fünf Jahre sollen sie wieder laufen und den Häusern Planungssicherheit geben.

Was also in diesem Jahr ausgehandelt wird, zählt bis zum Jahr 2023. Minister Robra rechnet vor, dass das Land dann mit 36 Millionen in der Grundförderung und der Dynamisierung die Theater und Orchester unterstützt. „Da der Kulturhaushalt nicht kontinuierlich anwächst, ist das eine durchaus problematische Botschaft für all jene, die nicht in dieser kontinuierlichen institutionellen Förderung verankert sind.“ Robra meint damit nicht nur Museen und Bibliotheken, sondern auch die vielen Vereine wie die Kammerspiele Magdeburg, den Magdeburger Kulturanker, Theaternatur-Verein in Benneckenstein, die alljährlich mit Inszenierungen und Festivals das Kulturleben im Land bereichern. Robra unterstreicht: „Wir dürfen auch die kleinen Kulturträger im Land nicht aus den Augen verlieren.“