Fernsehen Auf der Suche nach Halt - das Jugenddrama „Polizei“
Welchen Platz haben Jugendliche heute in der Gesellschaft? Was wirft sie aus der Bahn? Wie wirkt die Corona-Zeit bis heute nach? Diese Fragen stellt der eindringliche ARD-Film „Polizei“.

Berlin - Anton hat das Gefühl, ihm entgleitet sein Leben - noch ehe es wirklich angefangen hat. Schließlich ist er gerade erst von Zuhause ausgezogen, macht eine Lehre, will auf eigenen Beinen stehen und seine junge Liebe genießen. Dann flattert ein Brief herein: eine Anklageschrift. Anton soll bei einer Demonstration Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und schweren Landfriedensbruch begangen haben - kann sich aber nicht erinnern.
Das Erste zeigt „Polizei“ am Mittwoch um 20.15 Uhr. Der Film kann zudem in der Mediathek gestreamt werden. Regie führte die Grimme-Preisträgerin Buket Alakuş nach einem Drehbuch der ebenfalls mit dem Grimme-Preis geehrten Autorin Laila Stieler.
Im ARD-Interview sagt Autorin Stieler über den Film, anfangs sei es ihr ausschließlich um das Thema Polizeigewalt gegangen und um die Frage, wie man mit seinen Wut- und Ohnmachtsgefühlen fertig wird. „Und je mehr ich mich damit beschäftigt habe, desto klarer wurde mir, dass vor allem die junge Generation betroffen ist und dass es nicht nur um Polizeigewalt geht, sondern geradezu um ein Desinteresse eines ganzen Landes seinen Jugendlichen gegenüber.“ Hat die Gesellschaft ihre Jugend vergessen?
Vergessene Generation?
„Polizei“ sei eine Geschichte über eine Generation, „die durch Covid auf so vieles Bedeutendes in einem nicht wiederholbaren Lebensabschnitt verzichten musste“, und auch darüber, wie Politik und Gesellschaft Vertrauen verspielt haben, sagt Produzent Peter Hartwig. Und weiter: „Was passiert mit unseren Heranwachsenden, wenn durch Polizeigewalt ihr Glaube an Demokratie und Gerechtigkeit verloren geht, weil sie sich nicht verstanden fühlen?“
Hartwig wurde für „Polizei“ dieses Jahr mit dem „Hamburg Producers Preis“ ausgezeichnet. „Nicht zuletzt dank des großartigen Ensembles entsteht eine intensive emotionale Nähe“, hieß es in der Begründung der Jury.
Teil dieses starken Ensembles ist der 19-jährige Levy Rico Arcos, der unter anderem mit seiner Rolle in dem vielfach ausgezeichneten Film „Sonne und Beton“ aus dem Jahr 2023 Aufmerksamkeit auf sich zog. Als seine Mutter Katja überzeugt einmal mehr die Charakterdarstellerin Petra Schmidt-Schaller.
Unter Druck
Die Mutter stellt Anton eine Anwältin zur Seite, die ihm rät, den Vorfall irgendwie zu rekonstruieren. Der junge Mann kehrt nicht nur gedanklich in einen Lebensabschnitt zurück, den er eigentlich hinter sich lassen wollte. Er trifft Freunde von damals und versucht sich zu erinnern.
Schließlich tauchen die Bilder wieder auf: die Demonstration zum 1. Mai und seine Festnahme. War er Täter oder Opfer? Antons Leben steht kopf: Freundin weg, Ausbildungsplatz als Koch weg. Er zieht wieder bei seiner Mutter ein. Anton ist kein Krawallmacher, sondern ein gutmütiger Kerl. Seine Mutter sorgt sich, sie könnte ihren Sohn verzärtelt und verzogen haben. Sie sorgt sich, ob er den richtigen Beruf gewählt hat.
An der Figur der Mutter zeige sich, so Petra Schmidt-Schaller, wie schwer es sei, „wenn man für sich einsteht und trotzdem für das Kind da sein will, wenn man einen jungen Menschen ins Erwachsenenleben begleiten will und die Hauptaufgabe dabei Loslassen ist.“ Anton jedenfalls spürt, auf wen er im Leben zählen kann.