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TV-Tipp Psychothriller mit alten Bekannten: „Glass“ auf ProSieben

Schurke Kevin Wendell Crumb ist geisteskrank und tötet unberechenbar. Der unverletzbare Held David Dunn will den Killer aufhalten. Der Kämpfer für das Gute landet aber erst einmal in der Psychiatrie.

Von Johannes von der Gathen, dpa 23.02.2023, 16:48
Samuel L. Jackson spielt in „Glass“ den dämonisch-genialen, hochfragilen Glasknochenmann Elijah Price.
Samuel L. Jackson spielt in „Glass“ den dämonisch-genialen, hochfragilen Glasknochenmann Elijah Price. Evan Agostini/Invision/AP/dpa/Archiv

Berlin - Seit seinem Blockbuster „The Sixth Sense“ (1999) gilt der Regisseur M. Night Shyamalan in Hollywood als Experte für das Übernatürliche. Je rätselhafter eine Geschichte anmutet, umso besser. Das kann man genial finden oder auch langweilig, aber einlassen auf den schrägen Kosmos des bekennenden Comic-Fans sollte man sich schon.

In Shyamalans hochkarätig besetzten Psycho-Thriller „Glass“ aus dem Jahr 2019, der heute um 20.15 Uhr bei ProSieben läuft, gibt es gleich mehrere Wiedersehen mit alten Bekannten. Da ist zunächst der „unverletzliche“ David Dunn, gespielt von Bruce Willis, und sein Gegenpart, der dämonisch-geniale, hochfragile Glasknochenmann Elijah Price (Samuel L. Jackson). Es sind die beiden Hauptfiguren aus Shyamalans Zugunglück-Drama „Unbreakable“ (2000).

Beim „Biest“ wird es ungemütlich

Dazu kommt Psychopath Kevin Wendell Crumb (James McAvoy), der bereits in Shyamalans vorigem Film „Split“ (2016) Angst und Schrecken verbreitet hat. Kevin hat eine multiple Persönlichkeitsstörung, er verwandelt sich blitzschnell in eine andere Person, und eine davon ist das „Biest“. Immer dann wird es ungemütlich.

Zu Beginn des Thrillers „Glass“ hat Kevin wiederum mehrere Mädchen gefangen genommen. Aber der wortkarge, sichtlich gealterte Security-Mann David Gunn ist dem Wahnsinnigen bereits auf der Spur. Als er die Mädchen aus einem verlassenen Fabrikgebäude befreit, wird er zusammen mit Kevin von der Polizei in eine psychiatrische Klinik gebracht, die wie ein Hochsicherheitsgefängnis ausgestattet ist. Dort wartet schon der hochintelligente Elijah Price auf die beiden.

Die dubiose Psychotherapeutin Dr. Ellie Staple (Sarah Paulson) möchte ihre drei Patienten davon überzeugen, dass sie sich ihre übernatürlichen Kräfte nur einbilden. Eine fatale Einschätzung, wie sich sehr bald herausstellen wird.

Leise Töne kommen zu kurz

In schier endlosen Wortduellen versucht die Ärztin, die verwundete Psyche der drei Männer zu erkunden. Bruce Willis gibt dabei den großen Schweiger, der in zwei Stunden vielleicht drei Sätze von sich gibt, und sich ansonsten seine Kapuze ins ergraute Gesicht zieht. Dabei wäre der alternde David Dunn, der seine Frau verloren hat und einen fast erwachsenen Sohn hat, eine hochinteressante Figur. Extrem extrovertiert agiert dagegen James McAvoy als multipler Kevin, der bei sich nicht allein zu Haus ist. Irres Grinsen, leuchtender Röntgenblick, dann schwellen die Adern an, und er lässt das „Biest“ raus.

Wirklich überzeugend wirkt dieses Konzept allerdings nicht: mit drei schillernden Protagonisten verpasst der Film die Chance, wirklich profunde Charakterstudien aus dem Grenzbereich zwischen Genie und Wahnsinn zu entwerfen. Auch die leisen Töne kommen viel zu kurz. Subtil ist in „Glass“ leider wenig, es wird immer zu dick aufgetragen.

Da kann dann ein grandioser Darsteller wie Samuel L. Jackson auch nicht viel ausrichten. Er sitzt fast die ganze Zeit bewegungslos im Rollstuhl, manchmal zuckt ein Augenlid. Welches Trauma er in seinem Inneren vergraben hat, können wir nur ahnen. Schade, dass diese drei großartigen Akteure im Korsett eines reißbrettartigen Regiekonzepts kaum eine Chance zur Entfaltung bekommen.