Mit "Ottos Welt" zeigt das Puppentheater Magdeburg ein altes Spektakel in neuem Gewand Von einem Otto, der auszog, um Kaiser zu werden
Wie wird man eigentlich Kaiser? Mit dieser Frage beschäftigt sich das Puppentheater Magdeburg und inszeniert mit "Ottos Welt" ein altes Hofspekakel völlig neu. Am Sonnabend feierte das Stück Premiere.
Von Eberhard Löblich
Magdeburg. Werbung ist in der Regel platt. Aber es gibt Ausnahmen, die nicht nur Kult werden, sondern sogar Kultur. Etwa das kleine Magdeburger Mädchen aus der Großfamilie Beyerling, das mit einem einzigen Satz Millionen Fans hinter sich versammelte: "Papa, wenn ich groß bin, will ich auch mal Spießer werden." Oder dieses Hamburger Versandhaus-Unternehmen, das den Satz "Otto find‘ ich gut" in die Welt gesetzt hat. Inzwischen bewirbt sich auch Magdeburg als Otto-Stadt. Höchste Zeit für das Magdeburger Puppentheater, sich nun auch einem Otto zu widmen.
"Ottos Welt oder wie man Kaiser wird", unter diesem Titel nehmen die Puppenspieler ihr Publikum mit auf eine Zeitreise ins Mittelalter. Aber gab es das nicht schon einmal? Stimmt. Aber nur wirkliche Puristen werden gähnen und behaupten, dass das diesjährige Hofspektakel nur eine Wiederaufnahme sei.
Das im Jahr 2002 unter gleichem Titel inszenierte Hofspektakel richtete sich überwiegend an Kinder und Jugendliche. Regisseur Frank A. Engel hat diese Produktion jetzt aufgehübscht und für ein erwachsenes Publikum völlig neu erfunden. Er inszeniert zwar mit den fast lebensgroßen Puppen, die auch damals schon das Geschehen bestimmt haben, aber mit drei Darstellern, die es damals am Puppentheater noch gar nicht gegeben hat.
"Es ist ein Junge" – mit diesen Worten erfährt der recht greise Sachsenfürst Heinrich, dass seine Nachfolge endlich geregelt ist. Dass seine Frau Mathilde ihm kurze Zeit später noch einen zweiten Sohn schenkt, tut für ihn nichts mehr zur Sache. Für den erstgeborenen Otto aber schon. Denn sein jüngerer Bruder verbündet sich sogar mit dem Teufel, um König zu werden anstatt des für dieses Amt designierten Otto. Der wiederum muss sich deshalb schon als Halbstarker erstmals in seinem Leben ganz furchtbar herumprügeln. Denn sein jüngerer Bruder versucht ebenso, ihn zu erschlagen wie die Ungarn, die sich wenige Jahre später bemühen, das noch längst nicht gefestigte ostfränkische Reich des Sachsenkönigs Otto zu überfallen und zu annektieren.
Genial, wie diese Schlacht auf dem Lechfeld mit ihren Zehntausenden von Toten auf der Bühne nur von zwei Puppen und zwei Spielern dargestellt wird. Überhaupt: diese Bühne! Schauspieler im Mittelalter waren ein fahrendes Volk, Vaganten, rechtlos. Und deshalb führen Margit Hallmann, Annika Petzold und Pascal Martinoli ihre Puppen im Rahmen eines Bühnenbildes, das einem solchen mittelalterlichen Vagantenwagen nachempfunden ist. Nein, sie führen ihre Figuren nicht nur, sie füllen auch als Darsteller deren Charaktere mit Leben. So überzeugend, dass der Zuschauer sich bisweilen fragt, wer denn hier eigentlich die Haupt- und wer die Nebendarsteller sind. Eben genau so, wie zeitgenössisches Figurentheater sein soll.
Und wie wird man nun Kaiser? Zunächst einmal, wenn man wie Otto, ein echter Sachsen-Anhalter, früher aufsteht. Den ein oder anderen Konflikt mit den lieben Frauen austrägt. Mehrere Schlachten erfolgreich schlägt. Und dann, irgendwann, in Rom steht. Der intrigante Teufel hat Otto die ganze Zeit begleitet. Und jetzt schlägt der Sachsenkönig zurück: Er besiegt den Teufel mit dem Vorschlag, Papst zu werden. Der Teufel stirbt daran, Otto setzt einen ihm genehmen Papst ein, der ihm die Kaiserkrone aufs Haupt setzt.
Auch wenn nicht alles historisch ganz korrekt sein mag, was die Mitarbeiter des Magdeburger Puppentheaters da auf ihre Vagantenbühne gebracht haben, so ist "Ottos Welt" doch ein äußerst spannendes und höchst amüsantes Stück.