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Mit "Peehs Liebe" legt Norbert Scheuer einen neuen Eifel-Roman vor, der vom Verlag für den Deutschen Buchpreis eingereicht wurde Wunderbar poetische Geschichte über die Liebe und das Alter

04.08.2012, 03:21

Berlin (dpa) l Kall in der Eifel, Landkreis Euskirchen, 11670 Einwohner, rauhes Klima. In diesem wenig spektakulären Ort siedelt der "Heimatdichter" Norbert Scheuer (60) seit fast zwei Jahrzehnten sein Panoptikum schräger und trauriger Helden an.

Nach dem letzten vielgelobten Roman "Überm Rauschen" (2009) gibt es jetzt neue Nachrichten aus Kall: "Peehs Liebe" ist eine wunderbar poetische Geschichte über die Liebe, das Alter und das Anderssein.

Hauptfigur ist diesmal der alte Rosarius Delamot, der nach einem Schlaganfall im Altersheim auf der Risahöhe lebt. Als Kind war er kleinwüchsig, erst mit 23 fing er an zu sprechen und zu wachsen. Da war längst Petra, die er nur Peeh nennen konnte, zur großen Liebe seines Lebens geworden. Im Altersheim meint er, in seiner jungen Pflegerin Annie die sehnsüchtig Vermisste wiedergefunden zu haben.

Scheuer, der selbst in Kall wohnt und hauptberuflich als Systemprogrammierer arbeitet, erzählt die anrührende Geschichte in einer kunstvollen Verschränkung mehrerer Ebenen: Einmal kommt Delamot selbst zu Wort, ein andermal schreibt Annie rückblickend seine Lebensgeschichte auf, manches schwebt auch zwischen Traum und Wirklichkeit. Dazwischen eingewoben sind die Reiseberichte eines Archäologen, der das Straßennetz des antiken römischen Reiches kartografiert und wahrscheinlich der vermisste Vater des kleinen Rosarius ist.

So wird die besondere Welt, in der der Junge lebt, für den Leser nachvollziehbar. Sein halbes Gehirn sei nur ein milchiger Brei, sagt der Arzt. Im Dorf gilt der Junge als "blöde", aber er kann sich die wunderlichsten Sachen merken - wie etwa die 967 Sommersprossen "seiner" Peeh.

"Alles hinterließ unzählige Muster in meinem kleinen Kopf, Muster, wieder andere Muster, Melodien, Symme- trien...", erzählt er. "Wenn ich keine Ähnlichkeiten mehr zwischen den Dingen sah, schrie und kreischte ich wie ein Irrer."

Eine Konstante ist die geliebte Mutter Kathy, die aber später aus der Leben "davonfliegt".

Ansonsten geht Rosarius mit dem Lastwagenfahrer Höger zwischen örtlichem Steinbruch und Zementwerk auf geträumte Weltreise, hilft dem Griechen Evros in seiner Kneipe und begleitet den Kriegsverbrecher Vincentini, der den Leuten bei seinen Verkaufsfahrten über Land ein Wunderheilgerät andrehen will. Von dem lernt Rosarius auch Hölderlins Liebesgedicht "Hyperion", das sich wie ein geheimnisvoller Faden durch den Roman schlingt - auf der ewigen Suche nach "Peehs Liebe".

Der C.H.Beck Verlag hat das Buch für den Wettbewerb um den Deutschen Buchpreis eingereicht.

Mit seinem vorherigen Werk "Überm Rauschen" hatte es Scheuer 2009 auf die Shortlist geschafft. Seine Fans dürften deshalb der diesjährigen Bekanntgabe der sechs Erstnominierten am 12. September gespannt entgegenblicken.

Norbert Scheuer, Peehs Liebe, C.H.Beck Verlag München, 223 S., 17,95 Euro, ISBN 978-3-406-63949-4.