"Zum Clown hab \' ich nicht getaugt"
Biber : Sie haben nicht nur den deutschen Kleinkunstpreis in der Sparte Kabarett gewonnen, sondern auch den deutschen Comedypreis. Sind Sie nun Kabarettist, Comedian oder beides ?
Dieter Nuhr : Im Hotel trage ich unter Beruf immer " lustiger Mann " ein. Da ich dazu neige, die Welt unideologisch zu betrachten, bin ich nicht geübt im Schubladendenken. Ich bin Kabarettist, weil es bei mir immer um Gott und die Welt geht, und ich bin Comedian, weil das Programm, so sagen es jedenfalls die Leute, lustig ist.
Biber : Wann haben Sie erkannt, dass Sie über humoristisches Talent verfügen ? Waren Sie schon in der Schule der Klassenclown ?
Dieter Nuhr : Zum Clown habe ich nicht getaugt. Ich hatte nicht mal eine rote Nase. Wir haben irgendwann aus einer Laune heraus angefangen, Theater zu spielen. Da das Ganze am Ende immer lustig wurde, haben wir es irgendwann Kabarett genannt. Außerdem habe ich die Texte geschrieben. Goethe konnten wir nicht mehr fragen, der war ja schon tot.
Biber : Hat Humor seine Grenzen, gibt es in Ihren Augen Themen, über die man keine Witze machen sollte ?
Dieter Nuhr : Ich würde niemals Witze machen über Osteoporose. Schon weil mir keine Pointen dazu einfallen. Sollte sich das ändern, werde ich dieses Dogma selbstverständlich zurückziehen.
Biber : Was bringt Sie selbst zum Lachen ?
Dieter Nuhr : Alles. Ich lache von morgens bis abends. Ich kann gar nicht mehr aufhören damit. Ehrlich gesagt, behindert mich das sogar beim Zähneputzen. Ich putze links und lache rechts. Seit ich eine elektrische Zahnbürste habe, geht es.
Biber : Wie entstehen Ihre Gags und Texte ?
Dieter Nuhr : Nachdem ich vergeblich versucht habe, die Textproduktion nach Rumänien outzusourcen, schreibe ich jetzt wieder selbst. Ich denke - und anschließend ergießen sich auf Basis der Muskelreizung in beiden Armen hackende Bewegungen auf die Tastatur. Schon bilden sich Wörter und ganze Texte. Ein Wunder !
Biber : Wie war Dieter Nuhr in der Schule ?
Dieter Nuhr : Anwesend. Da man mir sagte, dass gute Schüler Streber seien und dadurch menschlich abstoßend, habe ich mich an die üblichen Normen gehalten und das Klassenziel gerade so geschafft. Ich bin ja kein Revolutionär, sonst hätte ich mich vielleicht nonkonformistisch mehr angestrengt.
Biber : War Ihnen Ihr abgeschlossenes Lehramtsstudium auf der Bühne schon mal hilfreich ?
Dieter Nuhr : Im Studium lernt man ja nicht nur systematisches Arbeiten, sondern im besten Fall auch Denken, das schadet nicht.
Biber : Welche Eigenschaft lieben bzw. hassen Sie an sich am meisten ?
Dieter Nuhr : Wenn ich etwas an mir hassen würde, würde ich es abstellen. Ich glaube ja an die Ichbestimmtheit des Menschen, gegen alle wissenschaftlichen Gegenbeweise ... Was ich an mir liebe ? Meine Sehkraft im Weitwinkelbereich und das völlige Fehlen von Tätowierungen.
Biber : Im vergangenen Jahr haben Sie Ihren " Ultimativen Ratgeber für alles " herausgebracht. Was ist der außergewöhnlichste Tipp, den Sie darin bereithalten ?
Dieter Nuhr : " Wenn ein großer Bewaffneter mit dem Gesicht einer Pressluftram me den Wunsch ausspricht, Sie sollen beiseite treten, folgen Sie seinen Anweisungen !" Mir sind die Gesundheitsanweisungen sehr wichtig, und der hier hilft wirklich beim Überleben.