Zwei Rembrandts, 160 Millionen und ein Riesenzoff
Hochzeitsbilder machen Freude. Doch nicht immer. Nun sorgen Porträts eines jungen Paares für Zank und Streit zwischen Paris und Den Haag. Und das mehr als 380 Jahre nach der Hochzeit.
Amsterdam/Paris (dpa) - Das hätte sich das Amsterdamer Paar, Maerten Soolmans und Oopjen Coppit, 1634 wohl kaum träumen lassen: Ihre Hochzeitsbilder, gemalt von keinem Geringeren als Rembrandt, sollen heute 160 Millionen Euro kosten und sind zum Zankapfel zwischen Paris und Den Haag geworden.
Um Geld und Prestige ging es schon immer bei diesen Gemälden. Das war 1634 ebenso wie 2015. Das junge Paar selbst hatte sich selbstbewusst vom holländischen Meister Rembrandt (1606-1669) von Kopf bis Fuß abbilden lassen. In Lebensgröße. Das taten damals nur Fürsten.
1877 wurden die Gemälde an die französische Bankiersfamilie Rothschild verkauft. Und diese will sie nun loswerden. Für 160 Millionen Euro. Nicht gerade ein Schnäppchen, und doch ist es eine außergewöhnliche Chance. Denn Kunstwerke von solchem unschätzbarem Wert werden nur sehr selten zum Kauf angeboten; und wenn, dann werden sie in der Regel an den Meistbietenden versteigert.
Da können Museen in Zeiten knapper Kulturetats nicht mithalten. Der Pariser Louvre, dem die Rothschilds zunächst die Bilder zum Kauf anboten, hatte kein Geld und wandte sich hilfesuchend an das Amsterdamer Reichsmuseum. Direktor Wim Pijbes griff zu. Beide Museen wollten zunächst jeweils die Hälfte bezahlen und dann die Porträts abwechselnd in beiden Ländern ausstellen.
In großer Harmonie bekräftigten im Juli noch die Kulturministerinnen beider Länder: Die Rembrandts müssen für Europa erhalten bleiben. Sonst, so erläuterte die niederländische Ministerin Jet Bussemaker, landen sie in irgendeinem Ölstaat.
Doch die Harmonie - das war einmal. Anfang der Woche meldete überraschend die Boulevardzeitung De Telegraaf auf ihrer Titelseite: Die Rembrandts kommen nach Hause. Die niederländische Regierung und das Parlament hatten in einer Nacht- und Nebelaktion beschlossen, 80 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Das Reichsmuseum werde bis zum Ende des Jahres die restlichen 80 Millionen bei Sponsoren und Mäzenen einsammeln, schrieb die Regierung dem Parlament.
Paris war ausgebootet und entsprechend sauer. Frankreichs Kulturministerin Fleur Pellerin habe bei ihrer niederländischen Kollegin telefonisch um Erklärungen gebeten, schrieb die französische Tageszeitung Figaro. Das klingt nach Stress.
Davon könne keine Rede sein, heißt es in Den Haag. Ministerin Bussemaker habe selbst in Paris angerufen und alles erklärt, sagte ihr Sprecher. Es war ein angenehmes Telefonat. Doch so angenehm kann es wohl nicht gewesen sein. Denn am späten Donnerstagabend legte Pellerin überraschend ihr Angebot auf den Tisch. Dank einer großzügigen Spende der französischen Zentralbank könne Frankreich nun für 80 Millionen Euro eines der Hochzeitsbilder kaufen und seinen Teil der französisch-holländischen Partnerschaft erfüllen.
Die Verwirrung ist komplett. Wer bekommt die Bilder nun? Das Den Haager Kulturministerium erklärt, dass die Rothschilds mit dem Reichsmuseum bereits den Deal geschlossen hätten. Das Museum aber verweigert jeden Kommentar.
Doch warum gibt es gerade um diese Bilder einen Prestige-Streit? Für Frankreich geht es schließlich nicht um einen nationalen Kunstschatz wie die Mona Lisa. Paris hatte auch bereits eine Exportgenehmigung erteilt.
Das ist für die Niederlande anders. Die Hochzeitsbilder wären ein weiteres Juwel in ihrer Rembrandt-Sammlung. Kunstexperten sprechen gar von Bruder und Schwester der Nachtwache, des berühmtesten Rembrandt-Gemäldes. Außerdem werden die sonst so nüchternen und sparsamen Holländer sowieso sehr emotional, wenn es um ihren Meister des Goldenen Zeitalters geht.
Sie haben bereits einen wahren Triumphzug der Bilder geplant. Diese sollen auf ihrem Heimweg von Paris nach Amsterdam in jeder Provinz für jeweils vier Tage gezeigt werden, bevor sie in der Ehrengalerie des Reichsmuseums gezeigt werden, gleich bei Rembrandts berühmtestem Werk Die Nachtwache.
Sitzt Frankreich am kürzeren Hebel? Das entscheidet am Ende der Verkäufer. Vorerst schweigen die Rothschilds. Ihnen kann es auch egal sein. Hauptsache es wird bezahlt.