Magdeburg l Jeder, der nicht gerade in absoluter Abgeschiedenheit lebt, hat sie: Nachbarn. Und eine gute Nachbarschaft kann Gold wert sein. In Sachsen-Anhalt gib es seit einigen Jahren neue Nachbarn. Sie stammen unter anderem aus Syrien und Afghanistan. Auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung sind auch viele Familien in der Hoffnung auf ein sichereres Leben nach Deutschland gekommen und leben mittlerweile gleich nebenan in der Nachbarschaft. Und diese neuen Nachbarn bestmöglich zu integrieren, ist das Ziel des Projekts „Auf gute Nachbarschaft“ des Landesverbandes (LV) Sachsen-Anhalt des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB).
Gestartet wurde das Projekt im Oktober 2016 von einem Team um Andrea Wegner. Sie ist Geschäftsführerin und Multiplikatorentrainerin des Deutschen Kinderschutzbundes. Erst kurz vor dem Start des Projekts nahmen mehrere Mitarbeiter des LV an einer Tagung in Berlin zum Thema DKSB-Integrationsbausteine teil.
Davon inspiriert und aufbauend auf den Erfahrungen aus vormaligen Projekten mit Familien mit Migrationshintergrund entwickelten sie das Projekt „Auf gute Nachbarschaft“. Ziel der Kinderschützer: Ein nachbarschaftliches Miteinander für Familien mit und ohne Fluchthintergrund positiv zu beeinflussen, um Austausch und Rücksichtnahme zu fördern.
„Im Fokus stehen bei uns immer die Kinder. Im Kern geht es uns darum, Eltern zu ermutigen und manchmal auch zu befähigen, alle Möglichkeiten, die sich für ihre Kinder hier in ihrem neuen Zuhause bieten, zu nutzen. Bezogen insbesondere auf Gesundheit und Bildung und unabhängig davon, ob ihr Aufenthaltsstatus bereits geklärt ist oder nicht“, erläutert Andrea Wegner.
Dafür organisieren und führen Andrea Wegner und geschulte Fachkräfte Wochenendausflüge durch. Seit dem Start des Projekts vor gut einem Jahr konnten bisher rund 20 Familien daran teilnehmen. „Das geht nur durch die gute Vernetzung untereinander. So nutzen wir zum Beispiel auch für dieses Projekt das Landesprogramm ELAN in Trägerschaft des DRK-Landesverbandes“, sagt Andrea Wegner. Die Kosten für die Fahrten werden zum großen Teil durch Spenden finanziert.
Für den Erfolg des Projekts sei es wichtig, dass sich die Familien auf ‚neutralem Boden‘, also auf unbelastetem Terrain, kennenlernen beziehungsweise besser kennen zu lernen. Die Vorstellungsrunden sind immer mit gemeinsamem Schaffen verbunden.
Da wird beispielsweise getrommelt oder gepuzzelt. „Jeder soll etwas einbringen aus seiner Kultur, aus seiner Kindheitserinnerung“, berichtet Andrea Wegner. Später werden dann für Eltern und Kinder getrennte Programmpunkte durchgeführt. So wurde in der Vergangenheit unter anderem eine gemeinsame Märchenhelden-Collage erstellt oder das Familientraumhaus auf Papier gebracht. „Alle unsere Aufgaben führen zu der Erkenntnis, dass uns viel mehr verbindet, als uns trennt“, resümiert Andrea Wegner die bisherigen Fahrten.
Diese Erkenntnis wird als gute Basis angesehen, um sich auch im nachbarschaftlichen Alltag gegenseitig besser zu verstehen und zu stärken. Um die erreichte Verbundenheit zueinander und eine gute Nachbarschaft auszubauen, werden Folgetreffen initiiert und bis zu sechs Wochen lang begleitet. Danach sollten die Kontakte vor Ort so stabil sein, dass jeder weiß, wohin man sich mit welcher Frage wenden kann.
Die teilnehmenden Familien kommen aus Einrichtungen für Kinder wie Kindertagesstätten und Schulen oder Kinderhäusern bzw. Kinderfreizeiteinrichtungen. Denn es sind meist zunächst Kinder, die aufeinander zugehen, obwohl sie aus verschiedenen Kulturen stammen.
Um das Projekt am Laufen zu halten, freuen sich Andrea Wegner und ihr Team vom Landesverband Sachsen-Anhalt des Deutschen Kinderschutzbundes über Spenden der Volksstimme-Leser. Denn die nächsten Fahrten stehen bereits an. Für jeweils bis zu 10 Nachbarsfamilien aus dem Bördekreis und der Altmark steht ein solches Wochenende an.