1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Auch die Kleinsten brauchen manchmal Brillen

Mit einer frühen Diagnostik bei Kindern kann man spätere Sehschwächen vermeiden Auch die Kleinsten brauchen manchmal Brillen

29.09.2012, 01:22

"Hilfe, mein Kind schielt!" Für Eltern ist diese Erkenntnis zunächst ein Schock und sie suchen schnell einen Augenarzt auf. Bei anderen Augenerkrankungen ist vermindertes Sehen nicht so einfach feststellbar.

Berlin/Kelkheim (dapd) l Besonders für junge Augen ist eine Brille manchmal dringend notwendig, sagt Dietlind Friedrich vom Berufsverband der Augenärzte Deutschland (BVA). "Im Säuglings- und Kleinkindalter entwickelt sich das Auge noch und das Gehirn lernt, das Gesehene zu verarbeiten. Das heißt, wenn die Sehkraft geschwächt ist, lässt sie sich später nur in seltenen Fällen bessern, weil die entscheidenden Verschaltungen für das Sehen im Gehirn nicht optimal entwickelt wurden." So entstandene Schwächen könnten dann unter Umständen nicht mehr korrigiert werden.

"Während dieser Zeit steht für die Sehentwicklung viel auf dem Spiel."

Für Laien sei kaum erkennbar, ob ein Kind richtig sehe oder nicht, da ihnen nicht auffalle, wenn nur ein Auge beeinträchtigt sei. "Dann übernimmt das andere dessen Aufgabe mit. Die Sehleistung des schwachen Auges kann dabei regelrecht verkümmern", warnt Dietlind Friedrich. Deshalb rät sie den Eltern dringend, das enge Zeitfenster im frühen Kindesalter für die Augenvorsorge zu nutzen. "Während dieser Zeit steht für die künftige Sehentwicklung viel auf dem Spiel, und die Aussichten auf eine erfolgreiche Therapie sind noch gut."

Immerhin fünf Prozent aller Kinder im Vorschulalter haben laut Augenärztin Friedrich unentdeckte Sehschwächen. Damit das nicht passiert, rät sie allen Eltern, zum Augenarzt zu gehen, "wenn sie auch nur das leiseste Gefühl haben, dass mit den Augen ihres Kindes etwas nicht stimmt." Auch wenn die Augenlider des Kindes unsymmetrisch sind und beispielsweise einen Teil der Pupille bedecken, sei eine ärztliche Untersuchung geboten, ebenso wenn die vorderen Augenabschnitte getrübt sind, die Augen zittern, ständig tränen, auffallend lichtscheu reagieren oder wenn das Kind häufig unter Kopfschmerzen leidet.

Unabhängig davon empfiehlt der Berufsverband der Augenärzte, Kinder spätestens zum dritten Geburtstag vorsorglich vom Facharzt untersuchen zu lassen. "Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen die augenärztliche Vorsorge allerdings nicht", so Friedrich. "Sie gehört nicht in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Kranken-Versicherung (GKV)."

Im Rahmen der kinderärztlichen Vorsorge gebe es Tests auf Schielen oder Sehschwächen, weitere seien in Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualitätssicherung im Gesundheitswesen geplant, sagt Florian Lanz, Vertreter des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen. Ergäben sich dabei Hinweise auf eine Sehschwäche oder ein Augenleiden, "dürfen und sollen die Betroffenen auf Kosten der Krankenkasse zur weiteren Behandlung zum Augenarzt gehen." Kindern mit besonderen Risiken, zum Beispiel Frühgeborenen, empfehle der Verband ebenfalls eine Untersuchung beim Augenarzt. Das gelte auch, wenn es in der Familie schwere Augenerkrankungen gebe.

Zur augenärztlichen Untersuchung eines Kindes gehören laut Friedrich die Prüfung der Zusammenarbeit beider Augen, der Sehstärke, der Naheinstellung der Augen, der Pupillenreaktion sowie die Prüfung der vorderen Augenabschnitte, beispielsweise ob die Linse klar und ungetrübt ist.

Mit Hilfe von Pupillen weitenden Augentropfen lasse sich überdies ausmessen, ob und wie stark ein Kind kurz-, weit- oder stabsichtig ist, und ob Netzhaut, Makula und Sehnerv in Ordnung sind. "Das ist vor allem bei kleinen Kindern wichtig, die noch keinen Sehtest mitmachen können." Bei größeren Kindern werden die gemessenen Werte mit der getesteten Sehqualität abgeglichen, wenn ein Befund auffällig ist.