Gender-Sprache Auch Frauen dürfen auf Leserreise
Die Auswüchse des Genderns rauben Lesern bisweilen die Geduld.
In dem Bestreben, korrekt zu sein, hatte ich in einer meiner Kolumnen durchgängig „die Leserin/der Leser“ beziehungsweise auch „der Leserin/dem Leser“ geschrieben. Dies rief eine Magdeburgerin auf den Plan. Diese doppelte Ansprache habe sie als „störend“ empfunden, erklärte die Frau, der Lesefluss würde beeinträchtigt. Es reiche doch von „Lesern“ zu sprechen, damit seien ja wohl auch die Frauen gemeint, meinte sie. Richtig. Der Leser-Obmann ist ja auch für Sie da, liebe Leserinnen. Und es sind mehr Leserinnen als Leser, die anrufen oder schreiben, obwohl ich mich nicht LeserInnen-Obmann nenne. Und natürlich dürfen auch Frauen mit auf eine Leserreise gehen!
Begriffe wie „Leser“, „Zusteller“, „Redakteure“, aber auch „Bürger“, „Einwohner“ oder „Studenten“ bezeichneten einst Menschen beiderlei Geschlechts, – „männlich“ und „weiblich“. (Die neuerdings weiteren 58 Geschlechtsoptionen sollen hier unberücksichtigt bleiben.) Dann wandelte sich die Sprache, wurde geschlechtergerecht, um die Gleichstellung der Geschlechter zum Ausdruck zu bringen. Unter dem Oberbegriff „Gendering“ oder „Gendern“ setzte sich geschlechtergerechtes Formulieren in Amtsstuben wie in den Medien durch.
Naturgemäß kam es hierbei auch zu Übertreibungen bis hin zum „Genderwahn“ als „eine vorwiegend ideologisch motivierte Sprachverhunzung mit wenig wissenschaftlichem Gehalt“, wie der Vorsitzende des Vereins Deutsche Sprache, Walter Krämer, kritisiert.
Da ist es schon bemerkenswert, dass gegen gelegentliche Auswüchse des Genderns die Leser der Zeitung „Deutsche Sprachwelt“ jetzt ein Zeichen gesetzt haben. Sie wählten Sebastian Zidek für seinen „Einsatz gegen Genderdeutsch“ zum „Sprachwahrer des Jahres 2015“. Der Student für Verkehrswesen an der Technischen Universität (TU) Berlin hatte sich geweigert, Binnen-Is, Gender-Sterne oder Unterstriche (StudentInnen, Student*innen, Student_innen) zu verwenden. Als ihm daraufhin schlechtere Noten angedroht wurden, beschwerte er sich bei der Kanzlerin der TU – und bekam Recht!