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Autofahrer aufgepasst Darf man in der Einbahnstraße rückwärts fahren? - Verkehrs-Mythen im Check

Muss man am Stauende die Warnblinker anschalten? Darf die Polizei Alkoholkontrollen auf privaten Grundstücken durchführen? Eine Anwältin klärt über Missverständnisse im Straßenverkehr auf.

Von DUR 30.05.2025, 09:38
Welche Alltagssituationen im Straßenverkehr ihre Tücken haben können.
Welche Alltagssituationen im Straßenverkehr ihre Tücken haben können. (Symbolfoto: dpa)

Magdeburg/Halle (Saale). - Scheinbar harmlose Alltagssituationen im Straßenverkehr können juristische Folgen haben. Melanie Leier, Anwältin für Verkehrsrecht und Partneranwältin von Geblitzt.de, klärt auf, ob man in einer Einbahnstraße rückwärts fahren darf, ob die Polizei auf Privatgrundstücken Alkoholkontrollen durchführen darf und wie es sich mit festverbauten Touchscreens im Auto verhält.

Haftung bei falschem Parken

2023 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass der Halter eines Fahrzeuges bei einem Parkverstoß nur dann haftbar gemacht werden kann, wenn ihm das Fehlverhalten eindeutig nachgewiesen wird.

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Melanie Leier stellt klar: "Die Entscheidung stellt keine grundlegende Änderung der Rechtslage dar, betont jedoch nochmals, dass die Bußgeldbehörden die tatsächliche Fahrereigenschaft beweisen müssen. Ein bloßes Foto des geparkten Fahrzeugs oder der Verweis auf die Haltereigenschaft genügt hierfür nicht."

Das heißt, Beweise wie Zeugenaussagen werden benötigt, um den Verstoß tatsächlich dem Halter zuzuordnen.

Unfälle beim Rückwärtsausparken

Wenn jemand rückwärts aus einer Parklücke fahren will, so ist besondere Vorsicht geboten. 2014 urteilte das Oberlandesgericht Saarbrücken, dass bei einem Unfall dem Rückwärtsfahrenden in der Regel die volle Schuld zugewiesen wird.

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"§ 9 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung (StVO) verpflichtet dazu, sich beim Rückwärtsfahren so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Autofahrer sollten insbesondere bei unübersichtlichen Verhältnissen auf Hilfspersonen zum Einweisen zurückgreifen, um Haftungsrisiken zu vermeiden", so Leier.

Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen erlaubt?

Grundsätzlich ist Rückwärtsfahren in einer Einbahnstraße nur zum Einparken oder beim Verlassen einer Grundstückseinfahrt erlaubt. Das entschied der Bundesgerichtshof 2022.

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Weder Zeitersparnis noch Bequemlichkeit seien dafür eine Rechtfertigung, betont Leier. Im Zweifelsfall müsse man einen Umweg in Kauf nehmen: "Andernfalls drohen nicht nur zivilrechtliche Haftungsfolgen, sondern auch ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen."

Alkoholkontrollen auf Privatgrundstücken

Auch auf privaten Grundstücken darf die Polizei Alkoholkontrollen durchführen, wenn der Verdacht besteht, dass der Fahrer zuvor im öffentlichen Straßenverkehr unterwegs war, urteilte 2018 das Amtsgericht München.

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Anwältin Leier erläutert weiter, dass notfalls auch die richterliche Anordnung einer Blutentnahme durch die Polizei erfolgen darf.: "Dieser Anordnung ist grundsätzlich Folge zu leisten." Daher können sich Autofahrer auch nicht auf ein vermeintliches "Zufluchtsrecht" auf ihrem privaten Grund und Boden berufen.

Warnblinker am Stauende

Ein Autofahrer hatte geklagt, weil er auf einen Lkw aufgefahren war, der beim Bremsen am Stauende seine Warnblinker nicht eingeschaltet hatte. 2022 entschied das Landgericht Hagen zugunsten des Lkw-Fahrers. 

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Leier erklärt dazu: "Warnblinker müssen nicht bei jedem Bremsvorgang verwendet werden. Sie sind dann einzusetzen, wenn der Fahrer sich oder andere gefährdet sieht (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 StVO). Das gilt typischerweise bei plötzlichen Stauenden hinter Kurven oder nach Kuppen – nicht jedoch auf gut einsehbaren Autobahnabschnitten bei erkennbarem Bremsvorgang."

Um im Zweifel jedoch eine (Mit-)Haftung zu vermeiden, empfiehlt die Anwältin, bei Bremsmanövern in unübersichtlichen Situationen die Warnblinker einzuschalten.

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Wenn ein Verkehrsschild verdeckt ist

Ist ein Verkehrsschild so stark zugewuchert oder gar verdeckt, dass das Schild für den Autofahrer nicht erkennbar ist, verliert es seine Gültigkeit. So urteilte das OLG Hamm 2009.

Wird man geblitzt, weil das Schild mit dem Tempolimit völlig verdreckt war, kann man demnach nicht belangt werden. Aber Vorsicht, der Teufel liegt dabei im Detail, wie Melanie Leier weiß.

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"Ein Schild bleibt jedoch bei geringfügiger Sichtbehinderung – etwa durch Laub, leichten Schmutz oder einen Ast – verbindlich, solange sein Regelungsgehalt noch erkennbar ist."

In Zweifelsfällen solle man daher das Schild fotografieren.

Nutzung eines Touchscreens im Fahrzeug

Ein fest verbauter Touchscreen im Fahrzeug kann unter das Handyverbot am Steuer (§ 23 Abs. 1 a StVO) fallen, urteilte das Oberlandesgericht Karlsruhe 2019.

In dem Fall hatte ein Tesla-Fahrer während der Fahrt im Untermenü die Scheibenwischerfunktion einstellen wollen, war dabei von der Fahrbahn abgekommen und hatte einen Unfall verursacht.

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Leier erläutert dazu, dass die Ablenkung des Fahrers durch die Nutzung elektronischer Geräte dabei entscheidend sei. Um nicht vom Straßenverkehr abgelenkt zu sein, solle man sich mit den grundlegenden Funktionen dieser Geräte vorab vertraut machen.

Gegebenenfalls müsse das Fahrzeug dafür auch angehalten werden. "Andernfalls drohen Bußgelder, Punkte in Flensburg und gegebenenfalls ein Fahrverbot", so die Anwältin weiter.