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Gesundheit Bei Bluthochdruck entspannen

Gibt es Alternativen zu blutdrucksenkenden Medikamenten? Der Leiter des Klinikums Havelberg hat gute Erfahrung mit der sanften Meditation.

Von Kerstin Singer 07.09.2015, 01:01

Magdeburg/Havelberg l Wer seinem Herz-Kreislaufsystem etwas Gutes antun möchte, der geht ins Kloster. Denn die abgeschiedene Lebensweise beugt Bluthochdruck vor. Das hat bereits 1988 eine italienische Langzeitstudie belegt, die über 20 Jahre die Werte von Nonnen beobachtete. Auch Professor Thomas Wertgen, seit Juni ärztlicher Direktor des KMG Klinikums Havelberg, sieht in Stress einen relevanten Faktor für zu hohen Blutdruck, sogenannte arterielle Hypertonie, die Schlaganfälle und Herzinfarkte begünstigt. Weitere Risikofaktoren sind Übergewicht und geringe Bewegung. Nach Schätzungen der Deutschen Hochdruckliga leidet in Deutschland fast jeder Dritte an Bluthochdruck.

„Ich werde immer wieder von Patienten angesprochen, ob es nicht ohne Tabletten gehen kann“, berichtet Wertgen aus seiner langjährigen Berufserfahrung in der Inneren Medizin. Denn nicht jeder wolle von Medikamenten abhängig sein oder vertrage diese. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Schwindel, Unwohlsein oder Nierenprobleme. Zwar sei durch eine kochsalzarme und kaliumreiche Ernährung, Ausdauersport und Gewichtsreduktion schon einiges zu erreichen, doch in Stresssituationen könnten die Werte dann doch wieder ansteigen. Wer allerdings Entspannungstechniken beherrsche, könne gezielt gegensteuern und langfristig sogar auf Tabletten verzichten oder diese reduzieren. Neben progressiver Muskelentspannung, Achtsamkeitstraining, Biofeedback-Kohärenztraining, kontemplativer Mediation oder Yoga gebe es eine Vielzahl an Entspannungstechniken. „Jeder muss für sich herausfinden, was ihm liegt“, so Wertgen. Denn nur, wenn der Patient es gerne mache, halte er auch durch. Viele gesetzliche Krankenkassen beteiligen sich auch an den Kosten für Entspannungskurse.

Er selbst hat langjährige Erfahrung in medizinischer Hypnose nach Milton Ericson. Diese wird allerdings nur im Einzelfall von den Kassen erstattet. Laut Wertgen sind in der Regel fünf Sitzungen erforderlich. „Von außen betrachtet, sieht solch eine Hypnose-Sitzung aus wie eine Unterhaltung“, erklärt er. Der Patient bleibe bei vollem Bewusstsein, doch werde in einen Entspannungszustand versetzt, der es dem Therapeuten erlaube, das Unterbewusstsein anzusprechen. „Es kann beispielsweise gelingen, dass der Patient Stresssituationen durch Entspannungsbilder überblenden kann“, berichtet Wertgen. Auf diese Weise könne jemand, der Angst vor Vorträgen habe, lernen, den Stress zu senken, indem er sich gedanklich an einen Sommerstrand versetze. „Was genau in der Hypnose passiert, wurde noch nicht herausgefunden“, berichtet Michael Richter, Heilpraktiker in Magdeburg. Doch durch die Tiefenentspannung gelinge es, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren. Er verbindet die medizinsche Hypnose gerne mit einer Blutegel-Therapie. „Das ist dann eine Art Aderlass, der den Druck in den Gefäßen senkt“, erklärt er die Wirkung der Tierchen.

Inzwischen gibt es mehr als 70 Studien mit mehr als 5000 Patienten zur medizinischen Hypnose. Laut Wertgen konnte bereits die Wirksamkeit bei milder arterieller Hypertonie bestätigt werden. Auch bei der Entwöhnung vom Rauchen sei Hypnose wirkungsvoll.

Beide Behandlungsmethoden stoßen allerdings an ihre Grenzen, wenn bestimmte Lebensbedingungen eintreten. So ist Fluglärm eine häufige Ursache für Bluthochdruck, aber auch Einsamkeit, Armut, Arbeitslosigkeit, Arbeitsstress, Partnerschaftskonflikte oder Diäten sind große Stressauslöser. Persönliche Probleme und das Gefühl von Hoffnungslosigkeit bedingten ein dreifach erhöhtes Risiko, so Wertgen. Da helfe nur eine Änderung der Lebensumstände.