Offene Briefe Bei Nachrichtenwert wird recherchiert
Offene Briefe werden nicht abgedruckt. Bei entsprechendem Nachrichtenwert werden sie Gegenstand redaktioneller Berichterstattung.
Was heute abgedruckt wurde, hat nur entfernt etwas mit dem Ansinnen des Leserbriefes zu tun. Die zerstückelte Darstellung und Umschreibung des Wortlautes, gemischt mit den kurzen Zitaten, hat dem offenen Brief sämtliche Brisanz genommen.“ Die Empörung bei den Vertretern der Bürgerinitiative über das Tun meiner Kollegen in der Lokalredaktion war groß – irgendwo auch verständlich. Allerdings hatte die Redaktion gar keine Wahl, als auf die Veröffentlichung des Briefes zu verzichten.
Das Stichwort hieß „offener Brief“. Denn generell gilt, dass offene Briefe ebenso wenig als Leserbriefe veröffentlicht werden wie direkt an Dritte gerichtete Schreiben.
Insofern hatte der Beschwerdeführer durchaus recht, als er feststellte: „Der Artikel heute ist leider kein Einzelfall gewesen, es hat Methode.“
Mit seiner Feststellung, dies sei „ganz klar – Zensur“, lag er allerdings weit daneben, ebenso mit dem Vorwurf, die Bürgerinitiative würde „nicht ernst genommen“. Denn das Thema, um das sich der offene Brief drehte, hatte im Lokalteil der Volksstimme schon über Wochen hinweg eine herausragende Rolle gespielt. Dabei wurde ebenso über die Hintergründe berichtet wie über die örtlichen Proteste und den politischen Dialog, zu dem diese führten. Und es waren alle Seiten sehr umfangreich zu Wort gekommen, auch die Bürgerinitiative, die nun ihr Recht auf Meinungsäußerung beschnitten glaubte.
Mit offenen Briefen – weil wir sie nicht in ihrer Gänze veröffentlichen können – verfahren wir allerdings so, dass sie bei entsprechendem Nachrichtenwert Gegenstand der redaktionellen Berichterstattung werden. Dies haben auch die Kollegen der gescholtenen Lokalredaktion so gehalten. Und obwohl es im Grunde kein Argument gab, das in der öffentlichen Auseinandersetzung nicht schon genannt worden wäre, haben sie dem an den Landrat und die Parteien im Kreistag gerichteten offenen Brief einen längeren Artikel gewidmet, der die Forderungen der Bürgerinitiative an die Politik in komprimierter Form wiedergab. Mehr geht nicht.