Besonders Eltern und Vermieter profitieren von dem neuen Vereinfachungsgesetz Das ändert sich im Steuerrecht ab 1.1.2012
Im neuen Jahr unterliegt das Steuerrecht zahlreichen Änderungen. Von dem Steuervereinfachungsgesetz profitieren vor allem Eltern und Vermieter. Der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine e.V. (NVL) gibt einen Überblick über wichtige Änderungen.
Berlin/Magdeburg l Lohnsteuerkarte und Lohnsteuerklasse: Weil das neue elektronische Verfahren ELStAM (elektronische Lohnsteuer-Abzugsmerkmale) auch zu Beginn des neuen Jahres nicht einsatzbereit ist, gilt für 2012 die alte Steuerkarte 2010 unverändert weiter. Arbeitnehmer, die den Arbeitgeber seitdem nicht gewechselt haben und deren Besteuerungsdaten unverändert bestehen, haben keinerlei Handlungsbedarf. Wer jedoch Änderungen der Daten vornehmen möchte, muss dafür einen Antrag beim zuständigen Finanzamt stellen.
Der Arbeitnehmer erhält dann einen Ausdruck der ELStAM - Daten oder eine Ersatzbescheinigung, die er seinem Arbeitgeber vorlegen muss. Wer 2012 mit Arbeitslosigkeit rechnen muss, sollte seine Daten genau unter die Lupe nehmen. Mit einer günstigen Steuerklasse wird mehr Arbeitslosengeld gezahlt. Ehepaare können darauf Einfluss nehmen, indem derjenige, der mit Arbeitslosigkeit rechnet, die Steuerklasse III ab Jahresbeginn wählt. Auch werdende Eltern müssen aufpassen, weil ein zu hoher Lohnsteuerabzug später Nachteile beim Elterngeld bringt.
- Kindergeld für volljährige Kinder: Bei Kindergeld für volljährige Kinder entfällt die Einkünfte- und Bezügegrenze. Eltern müssen ab 2012 die Einnahmen und Ausgaben der Kinder nicht mehr nachweisen. Die Grundvoraussetzungen für das Kindergeld bleiben dagegen unverändert: Berufsausbildung, Übergangszeit oder Wartezeit auf einen Ausbildungsplatz, soziales Jahr, andere begünstigte Freiwilligendienste oder bis zum 21. Lebensjahr auch Arbeitslosigkeit. Erst bei einer weiteren Ausbildung nach Erststudium und erstmaligem Berufsabschluss ist eine Einschränkung zu beachten. Das Kindergeld und alle weiteren damit zusammenhängenden Steuervorteile entfallen, wenn das Kind eine Nebentätigkeit von regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden ausübt.
- Ausbildungsfreibetrag: Mit dem Wegfall der Einkünfte- und Bezügegrenze für das Kindergeld wird auch der "Ausbildungsfreibetrag" nicht mehr gekürzt. Eltern, deren Kinder das ganze Jahr volljährig und während der Ausbildung auswärtig untergebracht sind, erhalten einen Ausbildungsfreibetrag von 924 Euro. Liegen die Voraussetzungen nur zeitweise vor, wird der Freibetrag monatsweise gewährt.
- Kinderbetreuungskosten: Für den Abzug von Kinderbetreuungskosten mussten die Eltern bisher unterschiedliche Voraussetzungen nachweisen. Gebühren beispielsweise für den Kindergarten oder Hort wurden nur berücksichtigt, wenn die Eltern berufstätig, in Ausbildung oder krank waren. Eine Ausnahme gab es lediglich für Kinder vom dritten bis sechsten Lebensjahr. Ab 2012 werden Kinderbetreuungskosten bis zum 14. Lebensjahr der Kinder stets berücksichtigt. Dadurch wird der Antrag erheblich vereinfacht und mehr Eltern können ihre Betreuungskosten absetzen. Behinderte Kinder können wie bisher ohne Altersgrenze berücksichtigt werden.
- Änderung bei der Übertragung von Kinderfreibeträgen: Der Kinderfreibetrag wurde bisher auch dann auf beide Eltern aufgeteilt, wenn ein Elternteil auf den Kindesunterhalt des anderen verzichten musste, weil dieser finanziell mittellos war. Ab 2012 können Eltern auch in diesen Fällen den halben Kinderfreibetrag des anderen Elternteils in der eigenen Steuererklärung beanspruchen.
- Werbungskostenpauschale: Der jährliche Arbeitnehmer-Pauschbetrag wird von 920 Euro auf 1000 Euro angehoben. Die Anhebung wurde bereits im Dezember 2011 beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt. Ab der Steuererklärung für 2011 wirken sich Werbungskosten in der Steuererklärung deshalb erst aus, wenn diese 1000 Euro übersteigen.
- Vermietung und Verpachtung: Wer Wohnraum an nahe Verwandte billig vermietet oder durch Mietpreisbindung unter die Grenze der ortsüblichen Miete fällt, hat ab 2012 weniger bürokratischen Aufwand. Bisher musste eine Überschussprog-nose über einen Zeitraum von 30 Jahren erstellt werden, wenn die Miete weniger als 75 Prozent des ortsüblichen Durchschnitts betrug. Diese entfällt ab 2012. Erst ab einer Miete von weniger als 66 Prozent des Ortsüblichen ist zu beachten, dass das Finanzamt die Werbungskosten anteilig kürzt.
- Wegfall der Angabe von Kapitaleinkünften im Mantelbogen der Steuererklärung: Wer außergewöhnliche Belastungen wie Krankheitskosten geltend machen wollte, musste bisher seine Kapitalerträge in der Steuererklärung angeben. Diese wurden bei der Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung mit herangezogen. Ab 2012 entfällt die Angabe, sodass für Steuerpflichtige mit Abgeltungsteuer ein höherer Betrag für Krankheitskosten abgezogen wird. Wer jedoch bei geringem Einkommen über die Günstigerprüfung seine Kapitaleinkünfte individuell besteuern lässt, muss sich diese bei der zumutbaren Eigenbelastung weiterhin anrechnen lassen.
- Sozialversicherungsbeiträge: Der Beitragsanteil für die gesetzliche Krankenversicherung beträgt unverändert für Arbeitnehmer 8,2 Prozent und für Arbeitgeber 7,3 Prozent. Auch die Arbeitslosenversicherung bleibt mit je 1,5 Prozent im neuen Jahr unverändert. Die Rentenversicherung verringert sich um jeweils 0,15 Prozentpunkte für Arbeitgeber und Arbeitnehmer von 19,9 auf 19,6 Prozent. Bei einem Monatsbruttolohn von 3.000 Euro bedeutet das für Arbeitnehmer 4,50 Euro mehr Nettolohn.
- Bemessungsgrenzen der Sozialversicherungsbeiträge: Die Sozialversicherungsbeiträge steigen bei zunehmendem Bruttolohn bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Der Grenzwert für die Renten- und Arbeitslosenversicherung 2012 erhöht sich für Beschäftigte in den alten Bundesländern auf 67 200 Euro. In den neuen Ländern bleibt der Grenzwert unverändert bei 57 600 Euro. Die Bemessungsgrenze für die Kranken- und Pflegeversicherung wird um 1350 Euro auf 45 900 Euro angehoben.
- Steuerpflichtiger Teil der Renten steigt: Für alle Neurentner im Jahr 2012 verringert sich der steuerfreie Rentenanteil auf 36 Prozent. Wer 2005 oder früher in Rente ging, erhielt noch 50 Prozent des Rentenbetrags 2005 als lebenslangen Freibetrag. Wer 2012 erstmals eine Pension bezieht, erhält einen um 11,2 Prozent oder 1.092 Euro geringeren Versorgungsfreibetrag als der Einstiegs-Jahrgang 2005.
- Versicherungsverträge: Wer im neuen Jahr Verträge zur geförderten Altersvorsorge abschließt, erhält diese erst mit 62 Jahren ausgezahlt. Für ältere Verträge gilt noch eine Altersgrenze von 60 Jahren. Der Garantiezins für Lebensversicherungen sinkt zum 1. Januar 2012 von 2,25 Prozent auf 1,75 Prozent. Wer eine Kapitallebensversicherung, klassische Rentenversicherung oder betriebliche Altersvorsorge neu abschließt, erhält also künftig eine geringere garantierte Rendite.