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Kosten von Selbständigen Die Notwendigkeit von Ausgaben muss nachgewiesen werden

Von Gudrun Oelze 30.08.2010, 15:23

Seit 2004 "kämpft" eine Magdeburgerin als selbständige Einzelhändlerin für den Lebensunterhalt ihrer vierköpfigen Familie, benötigte aber dennoch immer ergänzend ALG II. Da sie sich mit ihrem Geschäft langsam in die Gewinnzone arbeitete, konnten die Leistungen vom Jobcenter für die sogenannte Aufstockerin jährlich zurückgefahren werden.

"Jetzt gibt es seit 2008 durch die ARGE eine Anweisung, laut der die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) unbedingt von einer ¿kompetenten’ Stelle (Steuerberater, Buchhalter) beglaubigt werden muss", schilderte sie ihr Problem mit der SGB-II-Behörde. "Ich war und bin immer bestrebt, die Kosten zu senken. Dazu gehörte auch, ab 2007 auf einen Steuerberater oder Buchhalter zu verzichten." Doch die Behörde in Magdeburg verlange, einen Steuerberater in Anspruch zu nehmen und damit der Mitwirkungspflicht nachzukommen. "Dies habe ich doch aber ausreichend und fristgerecht getan, sogar monatlich meine Zahlen gemeldet. Der ARGE liegt auch der Steuerbescheid von 2008 vor – und wird ignoriert", schrieb die Kleinunternehmerin.

Nun kam erneut Post vom Amt: Zur abschließenden Berechnung solle sie alle Betriebsunterlagen von 2008 bis November 2009 vorlegen - abgesegnet von einem Steuerberater. Die Frage der Händlerin nach einer gesetzlichen Grundlage dafür leiteten wir an die Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit weiter. "Es gibt keine gesetzliche Grundlage dafür, nur Unterlagen zu akzeptieren, welche ein Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer erstellt hat", so die Auskunft aus Halle.

Einkommen aus selbständiger Tätigkeit wird von den SGB-II-Behörden grundsätzlich für sechs Monate im Voraus geschätzt. Grundlage dafür sind Angaben und Unterlagen des selbständig tätigen Hilfebedürftigen über voraussichtliche Einnahmen und Ausgaben. Damit die Schätzung möglichst passgenau ist, werden die Angaben durch das Jobcenter geprüft. Erstellt ein Steuerberater die BWA, werden sie als plausibel akzeptiert. Denn Hilfebedürftige selbst würden sich erfahrungsgemäß oft verschätzen. Das kann zu großen Rückforderungen von ALG II führen.

Führt unsere Leserin allein ihre Buchhaltung, ist sie zu allen notwendigen Angaben verpflichtet und hat auf Verlangen sämtliche Unterlagen vorzuweisen, erläutert die Regionaldirektion. Da seit 2008 nur noch tatsächlich notwendige, angemessene Kosten als Betriebsausgaben anerkannt werden, genügt ein Steuerbescheid allein nicht der Nachweispflicht. Denn bei der Berechnung des Einkommens kommt es nicht auf den nach steuerrechtlichen Vorschriften ermittelten Gewinn im Kalenderjahr an. Anders als dort können nach dem SGB II keine Abschreibungen oder sonstigen pauschalen Abzüge mehr berücksichtigt werden. Grundsätzlich gilt, dass Ausgaben hier nicht abgesetzt werden können, soweit sie ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Hartz-IV-Bezuges entsprechen. Da der hilfebedürftige Selbständige verpflichtet ist, seine Hilfebedürftigkeit zu vermindern, hat er bei seiner Erwerbstätigkeit auch auf Kostenvermeidung und –optimierung zu achten. Die ALG-II-Verordnung lässt auch zu, dass die ARGEn auf Ausgabensenkung hinwirken.

Wird eine geplante Ausgabe als nicht notwendig oder unangemessen hoch eingeschätzt, wird sie nicht anerkannt. "Da diese Prüfung vor dem betreffenden Zeitraum erfolgt, kann der Kunde reagieren – zum Beispiel die Ausgabe nicht tätigen", so SGB-II-Programmberaterin Gabriele Einfeldt. "Wenn der Kunde also alle Angaben im Vorfeld im Rahmen der Einkommensschätzung wahrheitsgemäß macht, ist das Verfahren für ihn nachvollziehbar. Investiert er allerdings ungefragt und die Kosten werden von der ARGE im Nachhinein als nicht notwendig erachtet, muss er sich die Folgen selbst zuschreiben. Der Kunde wird darüber stets belehrt."

Benötigt ein Selbständiger einen PC zum Beispiel lediglich für das Schreiben einfacher Angebote und Rechnungen, sei hierfür kein Hochleistungscomputer erforderlich, ein einfaches Modell zu einem günstigen Preis ausreichend, argumentiert die Arbeitsagentur. Beim geleasten Mercedes etwa komme es auf die Höhe der Raten an. "Im Normalfall weiß der Kunde, ob die ARGE die Raten anerkennt, ansonsten kann er ein anderes Auto leasen", so Gabriele Einfeldt.

Die Notwendigkeit von Ausgaben beziehe sich immer auf die selbständige Tätigkeit. Die-se soll langfristig ja so ertragreich werden, dass der Kunde und seine Familie unabhängig von staatlicher Hilfe leben können. Dafür sind Ausgaben/Investitionen grundsätzlich nötig. Da der Selbständige aber Hartz IV-Empfänger ist, müssen die Ausgaben auf das Notwendigste beschränkt bleiben. Unter Umständen könnten statt mit einem Mercedes auch mit einem Dacia Kunden akquiriert werden...